Ifa 2010: TV-Trends:Gestochen scharf

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Die 50. Funkauststellung in Berlin wird auch im Zeichen digitaler TV-Bilder stehen. Zu sehen gibt es die schon auf einer Unmenge von Kanälen. Dieser Wust muss allerdings noch organisiert werden.

Helmut Martin-Jung

Zweistelliges Wachstum bei der gebuchten Ausstellungsfläche, temporäre Hallen, die noch schnell aufgebaut werden - längst ist die Ifa das, was die Cebit früher war. Denn in Berlin wächst zusammen, was mit ähnlicher Technik funktioniert - Unterhaltungselektronik, Kommunikations- und Haushaltsgeräte. Und so kommt das interessierte Publikum nun zum Gelände am Funkturm und nicht mehr nach Hannover. Hier kann man live, in Farbe und nun auch in 3D sehen, was einige Monate später im eigenen Wohnzimmer stehen könnte.

Am Freitag beginnt die Internationale Funkausstellung (Ifa) in Berlin. Blickfang werden hochauflösende Fernsehbilder sein - gestochen scharf und in 3D.  (Foto: dpa)

Der Bedarf und das Interesse an Unterhaltungselektronik sei unverändert hoch, heißt es beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI). Allein die Nachfrage nach Flachbildfernsehern sei um 34 Prozent gestiegen, sagt Hans-Joachim Kamp, ZVEI-Vize und Aufsichtsrat beim Ifa-Veranstalter gfu. Zwar wurden schon im vergangenen Jahr acht Millionen der neuen Fernseher abgesetzt; aber noch immer stehen rund 25 Millionen TV-Geräte mit Röhrentechnik in deutschen Haushalten.

Und so ist der publikumswirksamste Trend nach wie vor 3D. Besonders asiatische Hersteller wie Sony, LG, Samsung oder Panasonic drängen mit 3D-fähigen Fernsehgeräten und der dazugehörigen Peripherie wie Blu- ray-Playern und Raumklanganlagen auf den Markt. Denn während in Asien oder auch in den USA hochauflösendes Fernsehen längst etabliert ist, haben in Deutschland die öffentlich-rechtlichen Sender erst im Februar den Regelbetrieb für Fernsehen in HD aufgenommen - das schafft Nachfrage.

Handy statt Heim-PC

Die Umstellung auf das schärfere Fernsehen ist momentan der größte Antrieb dafür, sich ein neues TV-Gerät zu kaufen. Noch eher im Hintergrund stehen dagegen Fragen wie Onlineanbindung der Fernseher. Zwar werden, wie beispielsweise eine Ipsos-Umfrage im Auftrag von Kabel Deutschland ergab, Großereignisse wie die Fußball-WM mittlerweile auch sehr stark online verfolgt; gemeint ist aber eher eine parallele oder ergänzende Nutzung. Während beispielsweise ein Spiel live im Fernsehen übertragen wurde, hatten viele Menschen einen Laptop, ein Internethandy oder auch einen iPad auf dem Schoß und tauschten sich über eines der sozialen Netzwerke mit ihren Freunden aus. Und immerhin 50 Prozent der befragten Onlinenutzer gaben an, sie hätten sich Spiele oder Szenen daraus direkt im Internet angesehen.

Schon seit längerem wird prognostiziert, dass die paketorientierte Übertragung über das Internet das herkömmliche Fernsehen mit seinen festen Sendezeiten ablösen werde. Um gegen die potentielle Bedrohung gewappnet zu sein, haben Anbieter wie Kabel Deutschland viel Geld in die Digitalisierung ihrer Netze gesteckt. 80 Prozent der Nutzer könnten bereits ihren Telefon- und Internetanschluss über das Fernsehkabel schalten lassen. Bisher jedoch nutzen erst 30 Prozent der Kabelkunden überhaupt das digitale Programmangebot, obwohl nur dieses auf den modernen Flachbildfernsehern gut aussieht.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Vorteile internetfähiges TV-Kabel außerdem bietet.

Dank des Standards Docsis 3.0 lassen sich auf den Fernsehkabeln zudem auch fürs Internet in der Regel mehr Bits und Bytes durch die Leitungen schaufeln - bis zu 100 Megabit pro Sekunde können die Kabelanbieter heute schon in einigen Großstädten möglich machen; damit lässt sich ein Spielfilm in DVD-Qualität in fünf Minuten vollständig herunterladen.

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Bildern.

Doch wie soll man in dem ständig wachsenden Angebot von Digitalsendern, sei es über Kabel, über Satellit oder über Internetverbindungen, überhaupt noch den Überblick behalten? Das zu organisieren, haben sich Firmen wie Rovi vorgenommen. Meist dezent im Hintergrund liefert die US-Firma schon seit vielen Jahren die elektronischen Programmführer, die in Fernsehgeräten stecken oder aber auch in den kleinen Zusatzkästchen, die man stets für Satelliten- und oft für digitalen Kabelempfang braucht.

Doch mit deren tabellenartigem System wird man der Vielfalt der tausendundeins Kanäle nicht mehr gerecht. "Die Leute", sagt Charles Dawes von Rovi, "kommen von der Arbeit heim und wollen sich auf die Couch legen." Die Programmführer würden daher nicht mehr fest auf dem Gerät gespeichert, sondern als internetfähiges Programm. Dieses werde auf der Basis von Empfehlungen von Freunden und eigenen Sehgewohnheiten Vorschläge machen, was aus dem riesigen Programmangebot wo und wann läuft und den jeweiligen Zuschauer interessieren könnte. An diesem Projekt arbeite Rovi gerade mit den Großen der Branche. Ansonsten laufe man Gefahr, dass die Menschen angesichts der auf sie einströmenden Vielfalt "in Panik geraten und die Kanäle schauen, die sie immer geschaut haben".

Technik für alle

Zudem soll die elektronische Programmzeitschrift auch noch einfach zu handhaben sein. Deshalb wollen die beteiligten Firmen auch Techniken zur Vernetzung verwenden, die es bereits gibt, so etwa den Standard der Digital Living Network Alliance (DLNA).

Wie man die vielen Geräte im Haushalt sinnvoll und zugleich zusammenschaltet - auch das wird eines der wichtigen Themen in Berlin sein. Nach vielen Jahren der Ankündigungen wäre es ganz gut, wenn Lösungen zu sehen wären, für die man keinen Technikversteher im Haushalt braucht.

© SZ vom 30.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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