HD-Qualität:Digitale Flachmänner mit Futtermangel

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Flachbildschirme sind platzsparender als Röhrengeräte und stehen schon in den Wohnzimmern. Doch die Inhalte in echtem HD fehlen noch - auch wenn die nachfolge der DVD bereits geklärt ist.

Helmut Martin-Jung

Es waren nicht die Pornos, soviel ist sicher. Während der Streit um den Standard für Videokassetten zumindest nicht unerheblich davon beeinflusst wurde, dass es die Schmuddelstreifen vor allem auf VHS-Kassetten gab, war es beim Streit um die Nachfolge der DVD wohl eher schiere Marktmacht. So muss man es wohl bezeichnen, dass Sony, führender Vertreter im Lager des Systems Blu-ray, zu hohen Kosten seine Spielekonsole Playstation 3 mit einem eingebauten Blu-ray-Laufwerk ausstattete.

Die Plasma-Fernseher stehen schon in den Wohnzimmern, an den passenden Inhalten fehlt es noch. (Foto: Foto: ap)

Konkurrent Microsoft dagegen wollte soweit nicht gehen. Der Konzern bot für seine Konsole Xbox zwar auch Unterstützung für eine hochauflösende DVD an. Doch das Laufwerk im Konkurrenzformat HD-DVD gab es nur als Zubehör zu kaufen. Nun also ist Blu-ray der Standard, und Microsoft hat bereits angekündigt, die Produktion des externen Laufwerks für die Xbox einzustellen. Vor allzu viel HD-Hysterie aber ist zum jetzigen Zeitpunkt dennoch zu warnen.

Zwar kann man annehmen, dass nun die Preise für Blu-ray-Abspielgeräte sowie für Computerlaufwerke mit dieser Fähigkeit sinken werden, wenn erst einmal die verkauften Stückzahlen größer werden. Aber das bedeutet auch, dass man sich Filme, die man vielleicht schon auf DVD besitzt, noch einmal kaufen muss, um sie in wirklichem HD zu genießen.

Gewaltige Bildschirmgrößen sind nötig

HD steht für High definition, zu deutsch: hohe Auflösung. Statt nur 720 mal 576 Bildpunkten wie bei der DVD bieten Filme auf einer Blu-ray-Scheibe eine Auflösung von 1920 mal 1080 Bildpunkten an. Das lässt sich vergleichen mit dem Unterschied zwischen einer miesen Digitalkamera und einer guten. Bei der guten Kamera sieht man mehr Details, das Bild wirkt einfach schärfer.

Doch um diesen in Zahlen durchaus fassbaren Vorteil auch in der Praxis genießen zu können, braucht es schon gewaltige Bildschirmgrößen, wie sie nur die neuen Flachbildschirme bieten. Erst bei Bilddiagonalen von einem Meter an aufwärts und voller HD-Auflösung (eben die 1920 x 1080 Bildpunkte der Blu-ray-Disc) fallen die Unterschiede zu herkömmlichen TV-Bildern überhaupt richtig auf.

Bei kleineren Bildschirm-Größen reicht es, die TV-Geräte mit einem digitalen Signal zu füttern. Dieses ist in nahezu jedem Fall klarer als das herkömmliche analoge Signal, egal ob über Antenne oder über Kabel. Nur bei digitalem Fernsehen über Antenne (DVB-T) leidet die Qualität manchmal, weil die Signale stark zusammengequetscht werden müssen. Dadurch entstehen dann die unschönen Klötzchen im Bild, die bei Fachleuten unter dem Namen Artefakte bekannt sind. Ansonsten aber ist der Vorteil von digitalem gegenüber analogem Fernsehen auch auf Röhrenfernsehgeräten eindeutig feststellbar.

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Oft kommt die alte PAL-Auflösung an

Für die Besitzer von großen LCD- oder Plasmabildschirmen aber heißt das noch nichts. Denn was da digital über Kabel, Antenne oder Satellit kommt, ist mit wenigen Ausnahmen die alte PAL-Auflösung, also 720 mal 576 Bildpunkte. Damit sie auf einem Gerät, das 1920 mal 1080 Punkte darstellt, überhaupt formatfüllend angezeigt werden kann, sitzen in den TV-Geräten Computerchips, die die PAL-Signale etwa auf das Fünffache ihrer eigentlichen Größe aufblasen.

Besser wird das Bild dadurch nicht. Denn so gut und schnell die elektronischen Schaltkreise auch rechnen mögen, sie können ja nur aus vorhandenen auf fehlende Bildpunkte schließen. Das Beste, was sie daher zusammenbringen, ist ein weniger, manchmal leider auch ein mehr verwaschenes Bild.

Wer ohne das knackscharfe echte Digitalbild nicht auskommen möchte, dem bleiben nur die teuren und raren Blu-Ray-Scheiben oder aber der ebenfalls kostenpflichtige HD-Kanal des Bezahlsenders Premiere. Oder aber, man macht sich seine HD-Filme eben selbst - die entsprechenden Gerätschaften, von der HD-Videokamera bis hin zur HD-fähigen Schnittsoftware sind bereits auf dem Markt. Dabei muss aber auch klar sein, dass man zum Berechnen der ungeheuren Datenmengen eines HD-Videos nicht mit einem drei Jahre alten Computer anzutreten braucht.

Deutschland hinkt Japan und den USA hinterher

Ansonsten ist das HD-Angebot in der deutschen TV-Landschaft mau, mit der Ankündigung von Pro Sieben, seine HD-Sendungen einzustellen, gab es sogar einen Rückschritt. Nur kleine Satellitensender bringen noch HD-Programm, Aktuelles braucht man dabei kaum zu erwarten. Andere Länder, Japan etwa oder auch die USA, sind da schon weiter. Dort ist HD seit Jahren Standard.

Was Deutschland bremst, ist, dass die alten Standards nicht so schnell abgeschafft werden können, wie sich das manche Fernsehgewaltigen wünschen, vor allem aber die Vertreter der Unterhaltungselektronik-Industrie. Noch wird beispielsweise in vielen Regionen analog über Antenne gesendet.

Die Kosten, daneben nicht nur digital, sondern für eine derzeit noch sehr kleine Minderheit auch zusätzlich in HD zu senden, wollen die Sender nicht tragen. Erst von den olympischen Winterspielen 2010 an wollen ARD und ZDF hochauflösendes Fernsehen zum Standard erheben. Bis dahin könnten freilich auch die Entwicklungen im Internet eine neue Dynamik ins Spiel bringen.

Die Angebote der Telekom und von anderen Anbietern, übers Internet in höher Auflösung Kinofilme zu sehen, können mangels schneller Anschlüsse momentan noch nur wenige Kunden nutzen. Aber wenn dieses Modell sich durchsetzt, wird die Frage nach dem Speichermedium für HD-Filme irgendwann bedeutungslos.

© SZ vom 29.2.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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