Erweiterung für Skype:Anruf vom Lügendetektor

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Mit einer kostenlosen Software können Internet-Telefonierer überprüfen, ob ihre Gesprächspartner unter Stress stehen.

Helmut Martin-Jung

Es ist einer dieser Sätze, die man nicht vergisst: William Jefferson Clinton, amtierender Präsident der USA, wendet sich in einer Fernsehansprache an sein Volk, wie es sie so noch nicht gegeben hat: Nein, er habe mit dieser Frau, Monica Lewinsky, keine sexuelle Beziehung gehabt. Und nun, bitteschön, müsse er wieder regieren.

Später deckt zwar der Sonderermittler Kenneth Starr alles auf, aber bis sein berühmt-berüchtigter Report erscheint, können die US-Bürger ihrem Staatsoberhaupt nur glauben oder auch nicht. Über die Technik, Clintons verbale Einlassungen zu prüfen, verfügten damals nur Polizei und Geheimdienst. Damals.

Ende der Lügen

Jetzt gibt es Kishkish. Die israelische Firma bietet eine kostenlose Software an, die man als Erweiterung für das bekannte Internet-Telefonie-Programm Skype installieren kann.

Während ein Anrufer spricht, zeigt eine zuckende Nadel an, ob der Anrufer unter Stress steht. "Das ist ähnlich wie bei einem Lügendetektor", sagt Zvi Marom, Geschäftsführer der Kishkish-Mutterfirma BATM.

Die Telekommunikationsfirma beschäftigt sich vor allem mit der Art von Übermittlung, die - wie bei Skype - über das Internet-Protokoll als in Päckchen zerteilte Daten funktioniert.

Wer übers Internet telefoniert, hört zwar seinen Gesprächspartner ganz normal reden, der Transport der akustischen Informationen aber funktioniert ähnlich wie die Übertragung einer Bild- oder Video-Datei.

Die Informationen werden digitalisiert, in Päckchen verpackt und verschickt, um dann beim Empfänger wieder zusammengefügt zu werden. Deshalb ist es auch möglich, über Skype Videotelefonate zu führen. Kishkish macht sich dieses Prinzip zunutze. In Echtzeit analysiert das Programm den Strom der paketweise ankommenden Daten und prüft deren Inhalt. Zehn Sekunden benötigt der Detektor, bis er sich auf den Sprecher eingeschwungen hat, dann beginnt die Analyse.

Der Ex-Präsident als Beispiel

Die Clinton-Rede dient dabei als Testobjekt. Man kann sie über Skype anrufen und wird dann zurückgerufen. Bei dem Satz "Ich hatte keine sexuelle Beziehung..." schlägt die Nadel voll aus - ein Zeichen für Stress.

Hinter der Analyse steckt viel Mathematik. "Wir verwenden Algorithmen, die bestimmte Parameter überprüfen", erläutert Zri Marom, dazu gehörten beispielsweise die Lautstärke oder Veränderungen im Tonfall.

Müssen Skype-Nutzer also künftig etwas vorsichtiger sein, wenn sie ihre Gesprächspartner belügen wollen? Weltweit wurde das Programm, das erst seit wenigen Tagen auf dem Markt ist, schon einige tausend Mal heruntergeladen.

Aber noch ist nicht ganz klar, ob diese Art der Überwachung überhaupt legal ist. "Bitte überprüfen Sie das bei Ihren örtlichen Behörden", heißt es dazu lakonisch auf der Kishkish-Internetseite. Immerhin: Der Anrufer wird in einem Skype-Fenster gewarnt, dass sein Gesprächspartner den Detektor einsetzt.

Die meisten Skyper aber werden die Software wohl eher so verstehen wie Marom: "Zunächst einmal ist es einfach ein Spaß", sagt er, "irgendwann einmal werden wir damit vielleicht auch Geld verdienen". Und wenn nicht - halb so schlimm.

Dann wäre das Produkt von Kishkish, Aramäisch für "Hör mal, wer da klingelt", eine von vielen tausend kostenlosen Spielereien, die prächtig Werbung machen für das Kerngeschäft der Firma.

© Süddeutsche Zeitung vom 21.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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