Die Roboter kommen:Liebe Blech-Nanny

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Roboter werden Kinder betreuen, Taxis fahren und heiraten. Das befürchetet der Robotik-Professor Noel Sharkey - wenn nicht schnell Roboter-Gesetze erlassen werden.

Helmut Martin-Jung

Auf den Schlachtfeldern der Gegenwart sind Maschinensoldaten längst Wirklichkeit. Roboter räumen nicht nur Minen und spähen Lufträume aus, sie rücken auch im Kampf ohne Furcht vor und töten emotionslos. Noel Sharkey, Professor für Robotik und künstliche Intelligenz an der britischen Universität Sheffield warnt vor der Gefahr, dass derlei Maschinen auch im zivilen Leben mehr und mehr Einzug halten.

Noel Sharkey ist Professor für Robotik und glaubt, dass wir bald mit Robotern zusammenleben. (Foto: Foto: University of Sheffield)

SZ: Der britische Informatiker David Levy behauptet in seinem neuen Buch, Menschen würden schon um 2050 herum Sex mit Robotern haben.

Noel Sharkey: Ich glaube, das wird viel früher passieren. Eine große Sex-Shop-Kette ist gerade dabei, ein solches Gerät einzuführen. SZ: Gehört das zu den Problemen, vor denen Sie warnen?

Sharkey: Nein, viel schlimmer sind militärische Entwicklungen, die langsam aber sicher ins zivile Leben einsickern. In den USA benutzen Spezialeinheiten der Polizei bereits Roboter. Und sie überlegen, diese mit Elektroschockpistolen auszustatten, um damit in Gebäude einzudringen und den Leuten Schocks versetzen zu können. Bei uns in Großbritannien sind in Städten wie Glasgow und Edinburgh auch schon Überwachungsroboter im Einsatz.

SZ: Noch sind das recht unbeholfene Gesellen.

Sharkey: Das Schlimme ist, dass wir unbewusst da hineinschlittern. Diese Entwicklung passiert scheibchenweise. Wir aber treten nicht einen Schritt zurück und überlegen uns, wie wir damit umgehen sollen. In Japan fängt man an, Roboter zur Betreuung alter Menschen einzusetzen. Ich halte das für unsozial, denn sobald das funktioniert, wird man aus wirtschaftlichen Gründen immer mehr Roboter einsetzen.

SZ: Brauchen wir eine neue Roboter-Ethik? Eine Neuauflage von Asimovs Roboter-Gesetzen aus dem Jahr 1942?

Sharkey: Wir brauchen keine Roboter-Ethik, sondern eine menschliche Ethik. Ein Gesetz für Roboter würde ja nicht sagen: Kümmere dich nicht um alte Leute. Wir brauchen einen Konsens darüber, wie wir mit diesem Problem als Bevölkerung umgehen.

SZ: Wo sehen Sie noch gefährliche Entwicklungen?

Sharkey: Ein Bereich, in dem sich gerade viel tut, ist Kinderbetreuung. Und das ist wirklich beunruhigend, denn dabei werden lauter kaputte Kinder herauskommen. Da gibt es in Japan beispielsweise den Roboter "Papero". Die Kinder tragen einen Funkchip, und der Roboter überwacht, ob die Kleinen ihren erlaubten Bereich verlassen. Man kann per Handy über den Roboter mit dem Kind sprechen und es durch die Kamera des Roboters sehen. Mit solchen Geräten gab es großangelegte Experimente, auch in den USA. Aber niemand fragt nach, was das für unser Zusammenleben bedeutet. Es gibt keine Gesetze, die das regeln.

SZ: Ronald Arkin vom Georgia Institute of Technology sagt, Roboter würden sich menschlicher verhalten als Menschen. Teilen Sie diese Einschätzung? Sharkey: Arkin bezieht sich ausschließlich auf Militärroboter. Seine Absichten sind aber sehr gut. Er las die Berichte, wie unethisch sich amerikanischen Soldaten im Irak benommen hatten. Seine Roboter würden das nicht tun. Ich persönlich sehe aber einen Unterschied darin, sich als Mensch ethisch zu verhalten oder aber ethischen Regeln als Maschine exakt zu gehorchen. Man kann einen Roboter zwar mit Regeln ausstatten, aber er kann sich nicht bewusst ethisch verhalten, weil er zu Empfindungen nicht fähig ist.

SZ: Was muss nun geschehen?

Sharkey: Wir müssen versuchen, das Problem in internationalen Gremien zu diskutieren, denn es sind Länder wie Südkorea, über die wir uns richtig Sorgen machen müssen. Schon 2010 wollen die eine Roboter-Polizei im Einsatz haben.

SZ: Was halten Sie dabei für das größte Problem?

Sharkey: Es gibt zwei Arten künstlicher Intelligenz, eine mythische und eine wirkliche. Mit der wirklichen ist es noch nicht besonders weit her. Die politischen Entscheider aber richten sich nach dem Mythos, der seit mehreren Generationen von Science-Fiction-Autoren verbreitet wird. Und auch wir Wissenschaftler haben diese mythischen Ideen im Hinterkopf, weil wir in akademischen Auseinandersetzungen darüber streiten, ob Menschen nicht auch nur Maschinen sind und ob Maschinen eines Tages denken können. Aber diese Mythen sind eben nicht wahr, die Politiker jedoch verhalten sich so, als wären sie es.

SZ: Wie ließe sich das ändern? Sharkey: Wir müssen versuchen, die politischen Entscheidungsträger zu erziehen und sie dazu zu bringen, sich diesen Fragen ordentlich zu widmen. Und wir müssen Ihnen Ratschläge geben.

SZ: Glauben Sie, dass Roboter irgendwann Emotionen haben können?

Sharkey: Nein. Wir können Emotionen nachbilden und die Maschinen dadurch wirken lassen, als hätten sie Gefühle. Das wird es geben und das wird uns auch helfen. Wenn Roboter Taxi fahren - und das werden sie -, dann ist es ganz gut, wenn sie menschenähnlich wirken.

© SZ vom 27.02.2008/mia - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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