Computer-Zubehör:Die Maus, die lesen kann

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Rettung einer aussterbenden Hardware-Gattung? Kamera und Software sollen die Maus künftig zum Scanner machen. Doch es gibt bereits Konkurrenz.

Mirjam Hauck

Ein Holzkästchen mit einer Strippe, einer roten Taste zum Klicken und einem kleinen Rädchen, das die Bewegungen des Gerätes auf dem Bildschirm umsetzte - so simpel sah der Prototyp der Computermaus aus, die Douglas C. Engelbart 1968 der Öffentlichkeit präsentierte.

Scannermaus im Einsatz: Rettung einer aussterbenden Gattung. (Foto: Dacuda (Video))

Seitdem hat sich nicht nur das Holz als Produktmaterial verabschiedet, auch das Innenleben hat sich verändert: Zuerst wurde aus dem Rädchen eine Kugel, die wiederum von Infrarot- und Laserlicht verdrängt wurde.

Und allmählich läuft sogar die Maus selbst Gefahr, verdrängt zu werden: Tablets und Smartphones kommen dank Touchscreen sehr gut ohne die Eingabehilfe aus.

Doch die bedrohte Art bekommt Überlebenshilfe aus der Schweiz. Ein Start-up ehemaliger Studenten der ETH Zürich hat eine Funktion für die Maus entwickelt, die ihr neue Absatzpotentiale eröffnen könnte.

Denn: Die Maus mit Technik der Firma Dacuda kann nicht nur den Zeiger auf dem Bildschirm steuern, sondern auch scannen. Dazu fährt der Nutzer mit der Maus einfach kreuz und quer über Texte, Tabellen und Bilder, die von einer simplen Webkamera aufgenommen werden.

Algorithmen aus der Robotik

Dass die Scans trotzdem nicht zerstückelt auf dem Schirm landen und von viel höherer Qualität sind als die schlechten Kameras eigentlich hergeben, liegt an der Software. Sie macht es möglich, dass Urlaubsfotos, Zeitungsartikel oder papierene Formulare schnell erfasst und in Word, Excel oder anderen gängigen Office-Programmen weiterverarbeitet werden oder verschickt werden können.

Das Programm läuft im Hintergrund und wird mit einem Druck auf einen Knopf der Maus aktiv. Per Software lassen sich dann die Bereiche markieren, die übernommen werden sollen.

Die Software setzt komplexe Algorithmen aus der Robotik ein. Auch bei den Blechtrotteln kommt es ja darauf an, Informationen schnell zu erfassen und zu verarbeiten - zum Beispiel bei der Orientierung. Die Scannermaus versteht zudem 198 Sprachen und kommt mit den drei gängigen Betriebssystemen Windows, Apple MacOS und Linux zurecht.

Auch Smartphones scannen

Für den Vertrieb der Maus hat sich Dacuda einen erfahrenen und weltweit agierenden Technologiepartner gesucht - und im koreanischen Hardware-Hersteller LG Electronics gefunden. Im Sommer bringt LG die Maus mit dem Schweizer Innenleben unter seinem Namen und zum Preis von 99 Euro auf den Markt.

Weitere Hersteller werden den Plänen der Schweizer Ingenieure folgen, genauso wie weitere Anwendungen ihrer Software. Sie soll in naher Zukunft beispielsweise auch in Smartphones Verwendung finden.

Für diese Geräte gibt es zwar bereits Apps, die mittels der Handykamera scannen können, doch als ernsthafte Konkurrenz sieht Dacuda diese noch nicht. "Die Bildverarbeitung ist oft schlecht, und vor allem lässt sich das Ergebnis nicht wie bei uns in jedem Format weiterverarbeiten", sagt Firmenchef Alexander Ilic.

© SZ vom 09.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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