Computer-Spitzeleien in den USA:Selten genehmigt, aber nicht selten

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In den USA bedarf ein elektronischer Lauschangriff einer richterlichen Genehmigung. Nur so ist sie rechtmäßig und kann später in einem möglichen Strafprozess eingesetzt werden. So die Theorie.

Reymer Klüver

In der Praxis füllen Auseinandersetzungen über die Rechtmäßigkeit von Abhörmaßnahmen ganze Archive. Dennoch lassen sich ein paar Grundregeln aufstellen: Ein elektronischer Lauschangriff kommt nach einem 40 Jahre alten Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshof einer Durchsuchung gleich. Diese aber ist nur rechtens, wenn es dafür einen von einem Richter unterzeichneten Durchsuchungsbefehl gibt.

Das gilt für normale Kriminalfälle, aber heute im Computerzeitalter im Prinzip auch für den elektronischen Datenverkehr. Lauschangriffe im Staatsschutzbereich, etwa zur Terrorabwehr, bedürfen ebenfalls einer richterlichen Genehmigung. Diese muss bei einem - eigens dafür geschaffenen - Geheimschutzgericht in Washington beantragt werden. Diese Regeln gelten nur für die Vereinigten Staaten selbst. Einen Lauschangriff im Ausland, vulgo Spionage, müssen sich US-Behörden nicht genehmigen lassen, solange keine US-Bürger betroffen sind.

Der Streit um die Online-Bespitzelung ist auch in den USA hochaktuell. Erst in der vergangenen Woche beugte sich Justizminister Alberto Gonzales dem Druck der neuen demokratischen Mehrheit im Kongress und kündigte dem Justizausschuss des Senats die Übergabe hochgeheimer Unterlagen über bislang nicht richterlich genehmigte, elektronische Überwachungsaktionen der Geheimdienste innerhalb der USA an. Die dürfte es - der Theorie nach - gar nicht geben. Tatsächlich waren sie gang und gäbe, wobei ihr Umfang nicht klar ist.

Präsident George W. Bush hatte die elektronische Überwachung des Datenverkehrs Amerikas mit der Welt, also von Telefonaten, Faxen und E-Mails, kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 angeordnet. Einzige Voraussetzung: Es muss der Verdacht bestehen, dass der Gesprächsteilnehmer oder der Empfänger der Daten im Ausland über Verbindungen zu Terroristen verfügt. Bush berief sich dabei auf die außerordentlichen Befugnisse, die ihm der Kongress im Kampf gegen den Terror eingeräumt hatte.

Eine Überprüfung der Lauschangriffe etwa durch das Washingtoner Geheimschutzgericht gab es seither nicht. Erst vor drei Wochen gab die Regierung überraschend bekannt, dass die elektronische Überwachung der Gespräche nun doch dem Geheimschutzgericht zur Genehmigung vorgelegt werde.

Aber auch darüber gibt es Streit. Denn unklar ist, ob die Regierung sich jede einzelne Aktion genehmigen lässt - oder nur grundsätzlich die Überwachung eines gewissen Personenkreises. Das konnten selbst die vom Volk gewählten Senatoren nicht in Erfahrung bringen. Die Sache ist schließlich geheim.

© SZ vom 6.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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