CeBIT 2007:Therapeuten fürs Avatar-Ego

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Mit der Software der jungen Firma "Artificial" aus München wird Avataren Leben eingehaucht: Soziales Verhalten, eine reale Gestik und lebensechte Mimik soll Spiele interessanter machen.

Johann Osel

Im zarten Alter von sechs Jahren hat Serein Pfeiffer zum ersten Mal ein Computerspiel getestet. "Das war damals ein simples Autorennen auf meinem Atari", erinnert sich der heute 26-Jährige. Es war der Beginn einer großen Leidenschaft.

Das Team von "Artificial": Frank Gwosdz, Daniel Renner, Christian Felix Brambach und Serein Pfeiffer (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Denn seit vielen Jahren spielen er und sein Kollege Frank Gwosdz mit Begeisterung alles, was ihnen in die Hände fällt, vom PC-Game bis zur Konsole. Das Hobby haben die beiden inzwischen zum Beruf gemacht: Schon während ihres Informatik-Studiums beschäftigten sich Gwosdz und Pfeiffer mit der künstlichen und emotionalen Intelligenz von PC-Spielen.

Zusammen mit dem Studenten Daniel Renner und dem Kaufmann Christian Brambach bilden sie seit Ende des Studiums die Firma Artificial. Jüngst waren sie mit ihrer frisch entwickelten Software "Eki One" bei der ersten Stufe des Münchner Business Plan Wettbewerbs erfolgreich.

"Eki One" ist eine Middleware zur Unterstützung der Entwickler und Designer von Spielen. Mit der Artificial-Technologie kann das Verhalten von virtuellen Spielfiguren nicht nur schneller und kostengünstiger entwickelt, sondern vor allem auch lebendiger und interessanter konzipiert werden.

"Besonders bei Online-Rollenspielen stehen viele Charaktere einfach nur so rum, das ist oftmals langweilig", berichtet Frank Gwosdz. Nun soll dem sogenannten Avatar, so heißen virtuelle Personen, mehr Leben eingehaucht werden. Denn, so wissen die jungen Informatiker aus Erfahrung, die künstliche Intelligenz sei immer ein bisschen das "verhasste Kind" der Entwickler, stattdessen lege man meist zu viel Wert auf die Grafik des Spiels.

Billiger und schneller

Deshalb kreierten die Nachwuchsinformatiker neue Spielziele und Charaktereigenschaften für das virtuelle Personal, zum Beispiel soziales Verhalten oder eine reale Gestik und Mimik.

"Wenn man sich mit dem Avatar identifiziert, kann man besser in der Spielwelt aufgehen und das macht einfach mehr Spaß", ist sich Gwosdz sicher. Am Pilotprojekt der Technologie wird momentan noch gebastelt. Ab Herbst soll dann das erste Kleinprodukt fertig sein. Theoretisch könnte die Erfindung auch für 3-D-Shooter, also Killerspiele, verwendet werden.

Derartiges steht für die vier Jung-Unternehmer jedoch nicht an erster Stelle. Das Endprodukt wird ein Rollenspiel sein, in dem der Nutzer vor allem Emotionalität erfahren und seine sozialen Fähigkeiten schulen kann. Neben den Endkunden soll die neue künstliche Intelligenz auch den Spieleentwicklern Vorteile bringen, indem sie Zeit und Kosten spart.

Besonders kleine Studios stünden vor dem Problem, dass sie sich keine teure technische Entwicklung leisten können. Hier sieht Artificial einen wichtigen Markt. Nicht nur beim Business Plan Wettbewerb konnte die Geschäftsidee überzeugen. Im vergangenen Jahr wurden das kleine Unternehmen in ein Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums aufgenommen und wird seitdem finanziell unterstützt.

Auf Investorensuche

"Leider laufen die Mittel im Juli wieder aus, weshalb wir neue Investoren suchen", sagt Serein Pfeiffer. Denn das langfristige Ziel ist der Markt der großen Spieleentwickler. Kontakte knüpfen heißt es momentan also: So waren die jungen Männer im Oktober auf der Games Developer Conference in London zu Gast. Beim Hamburger Game-Award 2006 erreichten sie den dritten Platz und bauten die Verbindung zu dem Partner auf, mit dem sie im Herbst die Erstversion auf den Markt bringen.

Auch für die Zukunft ist der Terminkalender randvoll, im März zum Beispiel die Cebit in Hannover. Am 19. März findet hier um 10.30 Uhr die Siegerehrung des Gründerwettbewerbs statt. Zudem wollen sie für die weiteren Stufen des Business Plan Wettbewerbs ihre Idee ausfeilen. Daniel Renner, der Noch-Student im Team, könnte dabei leicht in Zeitnot geraten. Schließlich muss er bald seine Diplomarbeit abgeben. Mit dem Thema kennt er sich jedoch bestens aus: Gefühlsmodelle und Mimik in Computerspielen.

© SZ vom 23.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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