Brieftaube gegen Internet:Schnell wie der Winston

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Kein Medium übertragt Daten so schnell wie das Internet - dachte man bisher. Doch jetzt hat eine Brieftaube mit 4-GB-Speicherkarte am Fuß ein Wettrennen gegen eine ADSL-Leitung gewonnen.

Johanna Bruckner

Als temporeichstes Medium für die Übermittlung von Daten gilt heutzutage gemeinhin das Internet. Doch vermutlich hat jeder schon einmal frustriert auf einen sich im Schneckentempo füllenden Loader gestarrt - und sich eine schnellere Möglichkeit der Datenübertragung herbeigesehnt.

Bei dem südafrikanische Unternehmen The Unlimited Group mit Sitz nahe Cape Town war die Frustration über die lahmende Internetverbindung augenscheinlich so groß, dass man sich dort selbst auf die Suche nach alternativen Möglichkeiten des Datentransfers gemacht hat. So entstand der ungewöhnliche - und nicht ganz ernst gemeinte - Wettbewerb "Taube gegen ADSL-Leitung", aus dem der gefiederte Bote "Winston" als Sieger hervorging.

Kein Doping im Futter

Dokumentiert ist der Wettstreit Piepmatz gegen PC auf der Homepage http://pigeonrace2009.co.za. Dort gibt es nicht nur ein Post-Trainings-Interview mit der flinken Taube - die erstaunlich menschlich tschirpt - Winston gewährt auch einen Einblick in seinen "Käfig". Zudem sind auch die Renn-Regeln nachzulesen: Katzen waren rund um das "Pigeon Race 2009" beispielsweise verboten - zum Schutz des animalischen Aspiranten. Dessen Futter wiederum durfte keine leistungssteigernden Körner enthalten.

Per Livestream konnte man dann am Morgen des 9. September Zeuge werden, wie Winston mit einer 4-GB-Speicherkarte am Fuß vom südafrikanischen Howick in Richtung des ca. 95 Kilometer entfernten Gillits startete. Zeitgleich wurde ein 4-GB-Datenpaket per Internet auf dieselbe Reise geschickt.

Zwei Stunden benötigte der Vogel für die Strecke - und machte in dieser Zeit seinen Triumph über die Technik perfekt. Denn in der gleichen Zeit hatte die Leitung des Telekommunikationsanbieters Telkom lediglich vier Prozent der Daten per ADSL übermittelt.

Graues Fransenkostüm und Pappschnabel

Obwohl sich der Wettstreit bei näherem Hinsehen als professionelle Inszenierung von Unlimited entpuppt - zwar fliegen im Video mit den Highlights des Wettstreits echte Tauben in den Himmel, doch Winston bleibt ein Mann im grauen Fransenkostüm mit Pappschnabel - den Nerv entnervter Internetnutzer hat das Unternehmen getroffen. So verfolgten zahlreiche Winston-Fans aus aller Welt über Social Networks wie Twitter oder Facebook das Datenrennen - und auch südafrikanische und internationale Medien berichteten über Winstons Wunderflug.

Dass eine solch aufmerksamkeitswirksame Protest-Aktion sicher nicht das Schlechteste ist, werden sich vermutlich auch viele deutsche Internetnutzer denken. Gerade ländliche Regionen sind mit Breitbandverbindungen immer noch unterversorgt - teilweise müssen die Bürger selbst zum Spaten greifen für ein schnelles Internet.

Die südafrikanische Telkom ließ im Übrigen verlauten, man sei nicht für die langsame Internetleitung von Unlimited verantwortlich - und schob den schwarzen Peter zurück an das Unternehmen.

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