Allestörungen.de:Wenn Facebook down ist, verdient dieser Mann richtig Geld

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"Die Leute wollen wissen, ob sie verrückt geworden sind oder das System einfach nur spinnt." Tom Sanders (Foto: privat)

Wenn eine große Webseite nicht richtig funktioniert, landen nervöse Nutzer bei Tom Sanders. Auf seinem Portal informiert er über aktuelle Störungen - und ist damit konkurrenzlos.

Von Pauline Schinkels

Fehler machen ist ein Tabuthema. Am besten soll alles möglichst reibungslos ablaufen. In der Realität funktioniert das selten. Irrtümer werden rund um die Uhr produziert. Es spricht nur niemand gerne darüber. Anders Tom Sanders. Der 39-Jährige hat es quasi zu seinem Geschäftsmodell gemacht, über solche Fehler zu reden.

Sein Unternehmen Serinus42 listet Störungen und Ausfälle im Web. Wenn Facebook oder Twitter nicht richtig funktionieren, dann brummt sein Geschäft. Wer beispielsweise dann "Facebook abgestürzt" in die Google-Suchzeile eingibt, der landet als erstes bei Allestörungen.de. Das ist Sanders' Seite.

"Wettermann der digitalen Welt"

Insgesamt sind es über 180 Internetseiten von Mobilfunkanbietern bis hin zu Banken und Streamingportalen, die von der Website Allestörungen gelistet werden. Die User-Nachfrage ist derart groß, dass Unternehmen Werbung bei Sanders schalten - so macht der Niederländer sein Geld. Mit den Fehlern anderer.

Heute bietet sein Unternehmen den Service in 25 Ländern an. Was in Deutschland Allestörungen heißt, nennt sich in Japan Downdetector oder in Russland Kazhdysboy. Weltweit hat Sanders jeden Monat fünf bis sechs Millionen Unique User, die auf seine Seiten gehen und sich darüber informieren wollen, wenn eine Homepage wieder nicht funktioniert. Einen vergleichbaren Konkurrenten hat Sanders, der auch als "Wettermann der digitalen Welt" bezeichnet wird, nicht.

Wer jetzt erwartet, dass der Tech-Unternehmer ein ausgebuffter Informatiker ist, liegt falsch. Der 39-Jährige hat in den Neunzigerjahren Russlandkunde studiert. "Ich wollte danach gerne in Moskau arbeiten. Aber es gab keine Jobs für Leute, die sich für Geschichte oder Politik interessieren."

Vom Journalisten zum erfolgreichen Unternehmer

Sanders wurde Journalist und schrieb über Technologie-Themen. Als solcher rief er oft bei Mobilfunkanbietern an, wenn etwas nicht zu funktionieren schien und die sozialen Netzwerke heiß liefen. Bei den Mobilfunkanbietern ist er dann meistens bei den Pressesprechern gelandet. "Die haben sich dann vier Stunden später gemeldet und gesagt, dass alles wieder einwandfrei funktioniert", erzählt er.

Den Journalisten frustriert so etwas: "Die Meldung war dann eigentlich futsch." Sanders schrieb es trotzdem auf. Und war verblüfft. Die Geschichten liefen und liefen. Die Nachfrage war riesig. Sanders' Erklärung: "Die Leute wollen wissen, ob sie verrückt geworden sind oder das System einfach nur spinnt. Dann freuen sie sich, wenn das Unternehmen öffentlich angeprangert wird. Und zuletzt wollen sie sichergehen, dass alles wieder richtig funktioniert."

Menschen im Westen googeln wie wild, Afrikaner reagieren gelassen

Ein anderer Grund für das öffentliche Interesse: Die Handhabe von Seitenfehlern ist für den Nutzer oft intransparent. Kein Unternehmen listet gerne auf seiner Homepage auf, wo es Schwierigkeiten gibt oder was die Fehler des Tages waren. Solche Nachrichten kursieren nur in sozialen Netzwerken. Diese Marktlücke erkannte Sanders. Vor drei Jahren gab er seinen Beruf als Journalist auf und startete seine erste Meldeseite in den Niederlanden. "Die Niederländer sind Weltmeister im Klagen. Von daher war das hier ein guter Testmarkt", sagt Sanders rückblickend.

Mittlerweile bietet er seinen Dienst auch für Unternehmen an, die direkt Bescheid wissen wollen, wenn etwas bei ihren Kunden nicht zu funktionieren scheint. Wie viel Geld er mit seinen Seiten verdient, darüber möchte Sanders nicht sprechen. Nur so viel: In weitere Länder expandieren will er nicht. Der Grund: "Wenn im Westen eine Seite nicht funktioniert, dann fangen die Leute wie wild an zu googeln. Wenn aber in Afrika eine Seite ausfällt, dann geht das Leben einfach weiter."

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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