Abhören von Internettelefonie:"Der Funkwagen liefert bessere Ergebnisse"

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Hören LKA-Ermittler mit dem Bundestrojaner inzwischen schon Internettelefonate ab? Ein Experte erklärt, warum das nicht so einfach ist und wieso der gleiche Übertragungsweg unterschiedlich schwer zu knacken ist.

Mirjam Hauck

Seit dem Wochenende macht die Meldung die Runde, dass das bayerische Landeskriminalamt und der Zollfahndungsdienst Telefonate über das Internet abgehört haben. Laut einem ersten Magazinbericht hätten die Ermittler das mit einem "Bundestrojaner" gemacht, also einem Spionageprogramm, das sie heimlich in die Rechner der Betroffenen einschleusten, und das für die Ermittler interessante Daten zurücksendet.

Funktioniert beim Abhören von Telefonaten immer noch am besten: der unauffällige Funkwagen (Foto: Foto: IStockPhoto)

"Dieses Verfahren ist gar nicht nötig", dementierte kurz darauf LKA-Sprecher Ludwig Waldinger. Die Daten würden auf dem Weg zwischen den Kommunikationspartnern abgehört.

Doch wie funktioniert nun das Abhören von Telefongesprächen übers Internet? Laut Hendrik Scholz, Entwickler von so genannter Voice-over-IP-Software (VoIP), gibt es zunächst einmal zwei Arten von Netzwerken, über die Internettelefonie betrieben werden kann. Zum einen das SIP (Session Initiation Protocol), das Provider wie die Telekom, Freenet, 1&1 und andere anbieten und die Sprache in Dateien verpackt, verschnürt und übers Internet sendet.

Dazu ist nicht unbedingt ein Computer mit Soundkarte und Headset notwendig, Internettelefonie funktioniert auch mit einem normalen Festnetz- oder schnurlosen Dect-Telefon, dass per Router an die DSL-Leitung angeschlossen ist. Die SIP-Anbieter senden und empfangen die Telefoniedaten meist nicht verschlüsselt, lediglich für Business-Lösungen gibt es sicherere, teure Angebote.

Proprietäre Software schützt

Dagegen läuft die Telefonie über die Software wie Skype zwischen den beiden beteiligten Endgeräten immer verschlüsselt, was das Abhören auf dem Übertragungsweg extrem aufwändig oder gar unmöglich macht. "Die Ermittler hören nicht mal ein weißes Rauschen". Auch ist nach Meinung von Hendrik Scholz die Verschlüsselung von Skype nur für diejenigen zu knacken, die den Quellcode der Software kennen - und das ist der Hersteller und dessen Umfeld, da es sich um eine proprietäre Software handelt.

Um die Skype-Gespräche abhören zu können, müssen die Angreifer die Gespräche aufzeichnen bevor sie verschlüsselt werden. Das heißt, bei Telefonkunden, die ausschließlich am Rechner per Software wie Skype telefonieren, haben polzeiliche Ermittler oder andere Angreifer nur eine Chance, die Gespräche anzuhören, wenn sie den großen Lauschangriff wagen oder einen Trojaner installieren, der die mitgehörten Gespräche aufzeichnet und an die Angreifer zurückschickt.

Bei allen anderen hält Hendrik Scholz ein bekanntes Szenario viel wahrscheinlicher: "Es gibt wenig Angriffe auf Internettelefonie, da es viel einfacher ist, ein Dect-Telefon abzuhören. Der als Pizzawagen verkleidete Funkwagen ist nach wie vor die simpelste Methode um Telefongespräche zu belauschen. Denn hier sind Datennetz und Voicenetz noch getrennt".

Internetleitungen haben gegenüber Telefonleitungen nach Ansicht von Scholz noch einen anderen entscheidenden Nachteil für Angreifer: "Über sie ist keine Signalisierung möglich. Ein schriller Pfeifton simuliert im Internet, anders als bei einer normalen Telefonleitung, eben nicht, dass ein Gesprächspartner beispielsweise schon aufgelegt hat - auch wenn er sich möglicherweise noch in der Leitung befindet."

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