Tausende Lehrer ohne Job:Arbeitslos in den Ferien

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Der Linkspolitiker Klaus Ernst sagt, es passe nicht zusammen, wenn Bildung als Zukunftsinvestition propagiert werde und der Staat dann an Lehrkräften zu sparen versuche. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Im Sommer müssen viele Lehrer zum Arbeitsamt, da die Länder sie nur befristet einstellen - und sich so für die Dauer der Ferien die Gehälter sparen. Vor allem in Baden-Württemberg ist das Problem spürbar. Linke und Gewerkschaften laufen Sturm dagegen.

Ferienzeit bedeutet für zahlreiche Lehrer Arbeitslosigkeit. Vor allem während der Sommerferien müssen sich Tausende Lehrkräfte vorübergehend arbeitslos melden, weil ihre befristeten Arbeitsverträge zum Schuljahresende auslaufen. Im August 2015 waren rund 11 100 Lehrkräfte arbeitslos gemeldet, im Durchschnitt der übrigen Monate des Jahres lag die Zahl bei 5200, wie aus einer Regierungsantwort auf eine Linken-Anfrage hervorgeht.

Spitzenreiter mit rund 2100 zusätzlich arbeitslos gemeldeten Lehrkräften war Baden-Württemberg, heißt es in der Antwort des Bundesarbeitsministeriums weiter. Über die Anfrage hatte zuerst die Passauer Neue Presse berichtet. "Die öffentliche Hand feuert dringend benötigte Lehrer, um sie nach Ende der Schulferien postwendend wieder einzustellen", kritisierte der Linken-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst. So spare sich der Staat sechs Wochen Entlohnung und wälze die Kosten auf die Sozialkasse ab. "Es passt nicht zusammen, wenn einerseits Bildung als wichtigste Investition in die Zukunft propagiert wird, und andererseits die öffentliche Hand offenbar jede Gelegenheit nutzt, um an den Lehrkräften zu sparen", sagte Ernst. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus, kritisierte die seit einigen Jahren gängige Praxis als "Ausbeutung". Da es für die Betroffenen schwer sein dürfte, rechtlich dagegen vorzugehen, "hilft nur politischer Druck, indem die betreffenden Länder an den Pranger gestellt werden".

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) übte ebenfalls scharfe Kritik an den Bundesländern. "Die saisonale Lehrerarbeitslosigkeit ist ein Skandal", sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. "Die Bundesländer als Arbeitgeber sanieren sich auf Kosten der Beitragszahler der Sozialkassen." Die betroffenen Schulen hätten zu Beginn eines neuen Schuljahres noch keine Gewissheit über die Lehrkräfteversorgung und müssten die Stundenpläne oft nach wenigen Wochen wieder ändern. Für die betroffenen Lehrkräfte bedeute das Sparmodell der Bundesländer Jobunsicherheit und unbezahlte Arbeit. "Denn auch wenn der Arbeitsvertrag ausgelaufen ist, der Unterricht für das neue Schuljahr muss trotzdem vorbereitet werden", sagte Tepe.

© SZ vom 29.08.2016 / afp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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