Statistisches Bundesamt:Nicht mal jeder Zweite schafft sein Studium in der Regelzeit

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In sechs Semestern zum ersten Uni-Abschluss - das war die Idee hinter der Bologna-Reform. Doch viele Studierende brauchen einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes zufolge länger. In einigen Fächern gibt es besonders viele "Bummler".

Mit 17 Abi, mit 20 den Bachelor in der Tasche, dann noch zwei Jahre Master - und mit 22 auf dem Arbeitsmarkt. So die schöne Theorie, die maßgeblich hinter der Bologna-Reform steckt. Doch in vielen Fällen verläuft die akademische Ausbildung nicht so, wie auf dem Papier idealtypisch skizziert, das zeigt eine jüngst veröffentlichte Erhebung des Statistischen Bundesamtes. Demnach machten 2012 nur 39,3 Prozent der Studierenden ihren Abschluss in der Regelstudienzeit.

Wie lang diese ist, kann von Studiengang zu Studiengang variieren. Meist sind die Regelstudienzeiten in der jeweiligen Prüfungsordnung festgeschrieben. Im etablierten Bachelor-Master-Studiensystem - 85 Prozent der Studiengänge sind mittlerweile darauf umgestellt - dauert ein Bachelor-Studium aber häufig sechs, ein Master-Studium vier Semester. Regelstudienzeiten sind vor allem für Bafög-Empfänger und Studienkreditnehmer relevant: Die Auszahlung ist an die Einhaltung der gesetzten Fristen geknüpft.

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Regelstudienzeiten werden erst seit Kurzem erfasst - eine Verlaufsbetrachtung ist deshalb nur sehr eingeschränkt möglich. Im Vergleich zum ersten Ergebungszeitraum 2010 ist der Anteil der Regelzeitabsolventen leicht gestiegen (damals: 38,6 Prozent).

Schlusslicht: Germanistik

Insgesamt erreichten im vorvergangenen Jahr 365.800 Studierende einen Titel wie Bachelor, Master, Diplom oder Magister. Sehr viel länger als die Regelstudienzeit brauchten die meisten Studierenden dabei allerdings nicht: Wenn ein Puffer von zwei sogenannten Folgesemestern addiert wird, liegt der Anteil der erfolgreich abgelegten Abschlussprüfungen immerhin bei 77 Prozent.

Aufgeschlüsselt nach Fächern ergibt sich folgendes Spitzenfeld: Am schnellsten waren die Verwaltungswissenschaftler. Bei ihnen kamen 98,7 Prozent der Absolventen mit der Regelstudienzeit plus zwei Semestern aus. Auch in Humanmedizin (88,4 Prozent) und Sozialwesen (85,3 Prozent) schaffte es die Mehrheit der Studierenden in dieser Zeit. Am seltensten reichte die Regelstudienzeit plus zwei Semester Germanisten (68,5 Prozent) und Juristen (67,3 Prozent).

Auch wenn die Zahlen einen anderen Eindruck erwecken: Das Klischee vom Bummelstudenten trifft wohl in den seltensten Fällen zu. Zwar macht das Statistische Bundesamt keine Angaben zu den Gründen für die ausgedehnten Studienzeiten. Doch neben Verlängerungen wegen nichtbestandener Prüfungen dürfte auch die Bologna-Reform mitverantwortlich sein. Sie beschränkt die Uni-Zeit auf drei beziehungsweise fünf Jahre - das ist vielen jungen Leuten zu wenig. Die Stimmung an den Hochschulen geht eher wieder dahin, sich bewusst Zeit fürs Studium zu nehmen. Mancher Studierende geht für ein Semester ins Ausland, ein anderer schnuppert noch mal in ein anderes Fach rein.

Sorgen machen müssen sich die Bildungs- bzw. Wirtschaftspolitiker deshalb aber nicht: Denn der Anteil derer, die ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen, ist bei den Bachelor-Studierenden immer noch am höchsten (49,4 Prozent). Der Bologna-Geist lebt also nach wie vor.

© SZ.de/dpa/AFP/Reuters/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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