Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), plädiert dafür, dass Deutschland in Schulbüchern als Einwanderungsland dargestellt werden soll. Trotz jahrzehntelanger Zuwanderung nach Deutschland werde in Lehrwerken oft "die Vielfalt unseres Landes noch immer nicht als Normalität thematisiert", rügte die Staatsministerin vergangene Woche bei einer Schulbuch-Tagung in Berlin. Obwohl heutzutage ein Drittel aller Kinder einen Migrationshintergrund hat, kämen in den Unterrichtsmaterialien nach wie vor Klischees und Diskriminierung vor, warnte Özoğuz. Die Chancen der Einwanderung würden dagegen kaum thematisiert.
Eine Studie des Georg-Eckert-Instituts für Schulbuchforschung, bereits 2015 veröffentlicht und nun auf der Tagung debattiert, stellte fest, dass Migration in analysierten Büchern für Sozialkunde, Geografie und Geschichte häufig als Problem dargestellt wird. Nordrhein-Westfalens Ministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), als Vertreterin der Kultusministerkonferenz bei der Tagung, sagte: "Kulturelle Vielfalt und Diversität sind Ausdruck unserer pluralen Gesellschaft und gehören zum Schulalltag. Sie definieren die demokratische, moderne und weltoffene Schule."
Tatsächlich können Schulbücher breite Trends der Gesellschaft auch beiläufig illustrieren, in Büchern für alle Fächer. Das sieht man etwa an der Darstellung von Geschlechterrollen. Blickt man zum Beispiel in aktuelle Deutschbücher, hat in Lerngeschichten die Mutter von Laura oder Leon (auch die Namen ändern sich) mitunter den Beruf Ingenieurin - und ist nicht, wie früher quasi in Schulbüchern selbstverständlich, Hausfrau. In der Regel halten jene Darstellungen in Büchern Einzug, die in der Öffentlichkeit Konsens sind. Jedoch kommt es durch den Entstehungsprozess der Bücher zu Verzögerungen beim Abbild gesellschaftlicher Trends.
Wie werden Schulbücher gemacht? Und können Lehrwerke überhaupt ein Spiegel der Gesellschaft sein? Eine Recherche der SZ hatte sich 2014 diesem Thema gewidmet, nachzulesen online.