Rabbiner-Seminar:Schlamassel

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Vorwürfe an den Zentralrat der Juden - mit Folgen. Wie der Rauswurf eines angehenden Rabbiners aus seinem Uni-Kolleg Diskussionen auslöst.

Von Charlotte Haunhorst

Die Geschichte des Menschen Armin Langer hat zwei Versionen. Eine zeigt einen Vorzeigestudenten: Der aus Ungarn stammende Langer, 25, lässt sich seit 2013 am Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam zum Rabbiner ausbilden. Im selben Jahr gründet er in Berlin die "Salaam-Schalom-Initiative", ein Projekt für den jüdisch-islamischen Dialog, nachdem ein Rabbi Neukölln als No-go-Area für Juden bezeichnet hatte. Das Projekt ist äußerst erfolgreich, 2014 werden die Gründer von Joachim Gauck empfangen. Langer wird eine wichtige Stimme für ein tolerantes Deutschland.

Die andere Version zeigt einen Querulanten: Aus Sicht des renommierten Abraham-Geiger-Kollegs verursacht Langer nämlich vor allem Ärger, nachdem er im November 2015 in der Zeitung ta z eine Umbenennung des Zentralrats der Juden in "Zentralrat der rassistischen Juden" gefordert hatte. Hintergrund war eine Aussage von Zentralratspräsident Josef Schuster, dass man über kurz oder lang nicht um Obergrenzen für Flüchtlinge in Deutschland herumkomme. Der Vorwurf des Rassismus ist besonders pikant, da der Zentralrat Kooperationspartner und Mit-Finanzier des an der Uni Potsdam angesiedelten Kollegs ist.

Zwar entschuldigte Langer sich später für die Aussage, aus Sicht des Kollegs allerdings zu spät. Und generell, so stünde es auch im Studienhandbuch, müssten ihre Studierenden sich vor Medienäußerungen mit der Pressestelle absprechen. Langer habe diese Regelung mehrmals missachtet.

Die Konsequenz: Im Januar wurde der Student darüber informiert, dass er nicht mehr auf der Kandidatenliste für das Rabbineramt steht. Der Zentralrat der Juden hatte zuvor auf Anregung von Präsident Schuster in der Allgemeinen Rabbinerkonferenz dafür plädiert, Langers Eignung überprüfen zu lassen - offenkundig mit Erfolg. Daraufhin ging Langer im Spiegel mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit.

Student Armin Langer. (Foto: Florian Jäger)

Denn über die wahren Motive für den Rauswurf gehen die Meinungen auseinander. Langer sagt: "Als Grund wurde genannt, dass ich den Ausbildungsvertrag nicht respektiert habe. Ich halte das für vorgeschoben. Meine Theorie ist, dass ihnen mein Engagement für den Dialog zwischen Juden und Muslimen nicht recht ist." Sein Rektor, der Rabbiner und Uni-Professor Walter Homolka, habe in den Gesprächen auch gesagt, nur er selbst dürfe Politik machen, kein Student. Und genau das ist Langers Engagement in Zeiten von Terrorismus und aufkeimender Islamfeindlichkeit nun einmal: Politik. Dem Vorwurf der missachteten Presserichtlinie widerspricht er: "Es ging in dieser Regelung nur um Interviews im Bereich der Ausbildung, nicht um solche für mein privates Engagement." In diesen Fällen habe er sich immer an die Abmachung gehalten.

Das Kolleg weist Langers Vorwürfe wiederum entschieden zurück. Es wird darauf hingewiesen, dass das Kolleg enge und freundschaftliche Verbindungen zu muslimischen Gemeinden pflege - und es Langer nun einmal wiederholt am "notwendigen Fingerspitzengefühl" für das Rabbineramt gefehlt habe. Trotzdem sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, sich in zwölf Monaten erneut zu bewerben - auch wenn im Kolleg offenkundig niemand damit rechnet. Tatsächlich würde Langer gerne zurückkommen. "Aber nur, wenn sie mein Recht auf Meinungsfreiheit respektieren."

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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