MBA für Gründer:Ich mach mein Ding

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Kostbare Netzwerke: Die Kontakte, die sie während der MBA-Ausbildung geknüpft haben, sind für viele Gründer unverzichtbar. (Foto: Austin Distel/Unsplash)

Wie Menschen, die ein Start-up gründen wollen, von der Ausbildung an einer Business School profitieren.

Von Christine Demmer

Vor neun Jahren nahm Christian Bachmann sein Abschlusszeugnis der HHL Leipzig Graduate School of Management in Empfang. Ein Jahr später stand sein Name im Handelsregister. "Der Fokus im MBA-Programm lag nicht auf Unternehmensgründung", sagt Bachmann, "aber das Thema war unterschwellig da." Insofern zieht der heute 42-Jährige rückblickend Bilanz: "Ja, das Studium hat meine Entscheidung beeinflusst - manche Kurse spielten dabei mehr, manche weniger eine Rolle." Man lerne Themen kennen, in denen man selbst nicht so tief drin stecke und die sich später für die eigene Firma als nützlich erweisen würden.

Vor dem Masterstudium hatte sich der Bauingenieur mit Energie- und Ressourceneffizienz, Klimaschutz und Finanzierung beschäftigt. Auch danach blieb Bachmann seinen Themen treu, mit "Klima ohne Grenzen", einer gemeinnützigen Consultinggesellschaft, die sich für die Reduktion von klimaschädlichen CO₂-Emissionen einsetzt und CO₂-Kompensationsprojekte entwickelt. Von Leipzig aus beraten er und seine Leute Unternehmen in ganz Deutschland. "Dazu kommen noch ein paar Kunden in Europa und unsere Klimaschutzprojekte in Afrika." Bereut hat er den Sprung ins Unternehmerdasein nicht. "Ich habe durchaus zwischen einer Anstellung und der Selbständigkeit abgewogen", sagt Bachmann. "Ausschlaggebend für meine Entscheidung war mein Wunsch, meine eigenen Ideen umzusetzen." In seinem jetzigen Job kann er nicht alles von dem anwenden, was er gelernt hat. Das sei aber nicht schlimm: "Als Gründer braucht man nicht die ganze Bandbreite der Themen." Sein Rat an junge Menschen, die an ein Start-up denken: "Studiert an einer Hochschule, die Wert legt auf Unternehmensgründung und Selbständigkeit."

Gründer brauchen im Studium auch Menschen, die ihnen mit konstruktiver Kritik weiterhelfen

In den Vollzeit-Programmen deutscher Business Schools studieren heute überwiegend junge Ausländer. Kommen sie nach Deutschland, weil sie sich vom MBA eine gute Grundlage für die Selbständigkeit versprechen? "Nein, die meisten wollen im deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen. Zumindest wollen sie mit einer Konzernkarriere beginnen und sich später selbständig machen", stellt Kai Stenzel klar. Er ist Chief Market Officer an der Mannheim Business School. Die Präferenzen der deutschen Teilnehmer allerdings hätten sich verschoben. Früher habe es MBA-Absolventen vor allem zu Konzernen und großen Beratungsgesellschaften gezogen. Heute wollen viele ihr eigenes Ding machen. "Junge Leute denken in Projekten", sagt Stenzel. "Man will seine Ideen verwirklichen, Eigenes schaffen und etwas bewegen."

Die Mannheim Business School hat auf diesen Trend reagiert. "Bis vor einem Jahr haben wir unsere Lehre auf die traditionelle Corporate Career fokussiert", sagt Kai Stenzel. "Jetzt sind wir breiter unterwegs." Das unterstreicht ein Bündnis mit der Stadt Mannheim. "Wir bilden die angehenden Unternehmer aus, denn der MBA befähigt sie, unternehmerisch zu denken", beschreibt Stenzel den Deal. "Und die Stadt fördert die Geschäftsmodelle junger Gründer mit Büroräumen und ideeller Unterstützung." Das heißt, die Stadt bemüht sich auch, Jungunternehmern Kontakte zu vermitteln und Ratgeber zur Seite zu stellen. Praktische Hilfe zur Vernetzung liefert zudem der Start-up-Club der örtlichen Business School: Viermal im Jahr kommen Absolventen, die erfolgreich gegründet haben, mit Studierenden, die an ein Start-up denken, zusammen und tauschen Erfahrungen und Meinungen aus.

Die Studenten profitieren stark von praxisnahen Vorträgen, die Unternehmer für sie halten

Kai Stenzel hält das im Management-Studium entstehende Beziehungsgeflecht für unentbehrlich, insbesondere für Gründer. Als Bestätigung dafür dienen Karrieren wie die des Gründers Ali Mabrouk. Der 46-Jährige war 1993 als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach Deutschland gekommen und hatte an der Universität Stuttgart Elektrotechnik und IT studiert. Nach dem Executive MBA an der Mannheim Business School schrieb er an der Uni Wien seine Doktorarbeit. Noch während seiner Promotion gründete Mabrouk die Beratungsfirma Sama Partners, die sich auf den Schutz von Daten und Informationssystemen spezialisiert hat. "Die Idee dazu hatte ich früh", erzählt der Ingenieur. "Aber damals fehlte mir noch das Wissen, wie ein Unternehmen zu führen ist." Heute beschäftigt seine Mannheimer Firma 40 Mitarbeiter und in einer Niederlassung in Tunis eine ebenso große Belegschaft. Der MBA habe sein Denken "von Grund auf verändert", und das sei "alle Anstrengung wert" gewesen. Der zweite Gewinn sei das Netzwerk gewesen; Mabrouk spricht vom "Ecosystem", das er mit dem Studienprogramm quasi frei Haus dazu bekam. "Man findet Gleichgesinnte, Kollegen, potenzielle Kooperationspartner und konstruktive Kritiker - Leute, die sagen, so kann das nicht funktionieren."

Die sind ebenso wichtig wie Mutmacher. "Die Gründerkultur bei uns ist nicht sehr stark ausgeprägt", sagt Kai Stenzel. "Wir haben nicht die Risikomentalität der Amerikaner. In Deutschland gründet man lieber neben dem Beruf und springt erst dann ganz ab, wenn man sich hundertprozentig sicher ist, dass die Geschäftsidee fliegen wird."

Jackie Leuer-Hingsen ist mit ihrem Start-up Cali Eats, der Verwirklichung eines kreativen Catering-Konzepts in Düsseldorf, ein Höhenflug geglückt. "Ich habe eine Nase für Trends", behauptet die 33-jährige Betriebswirtin aus dem MBA-Abschlussjahrgang 2016 der WHU - Otto Beisheim School of Management, die in Vallendar bei Koblenz und in Düsseldorf ansässig ist. Ihr erster Job in einer innovativen Firma habe ihr gefallen, der folgende Arbeitgeber sei langsam und verkrustet gewesen. Danach wollte Leuer-Hingsen, die aus der Modebranche stammt, nicht mehr angestellt sein. "Ich arbeite sehr gern und wollte meine Energie nach meinem eigenen Zeitplan nutzen", sagt die Geschäftsfrau. "Gern mal zwölf Stunden in einem Rutsch durch und dafür Freizeit, wenn ich es will." 18 Monate dauerte es, bis der Betrieb richtig lief. Nun ist sie im dritten Jahr Unternehmerin, und das Geschäft brummt.

Was sie im Studium für ihr Start-up ermutigt hat, weiß Leuer-Hingsen genau. "Die Professoren und die Kurse in Entrepreneurship", sagt sie. "Mit praxisnahem Wissen werden die Dinge greifbar." Gelernt hat sie auch von ihren Mitstudenten und aus Vorträgen von Managern und Unternehmern. Die hätten Klartext gesprochen. Denn das, worauf Unternehmer wirklich achten müssten, stehe nicht im Lehrbuch.

© SZ vom 27.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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