Hochschulpolitik:Rechnen mit großen Zahlen

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Rekord: Fast 2,9 Millionen Studenten hat Deutschland zurzeit. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Bund und Länder ringen um künftige Fördergelder für die Hochschullehre. Es geht um mehr Milliarden denn je.

Von Susanne Klein

Schon die Exzellenzstrategie versetzte viele Wissenschaftler in Aufregung - immerhin ging es dabei im Herbst 2018 um jährlich mehr als eine halbe Milliarde Euro für die universitäre Spitzenforschung. Jetzt blickt die Community gespannt dem Frühjahr 2019 entgegen, denn gleich nach der Forschung knöpften sich Bund und Länder die Lehre vor. Noch bis Mai wollen sie darum ringen, wie die Hochschulbildung vom nächsten Jahrzehnt an gefördert wird. Eins steht bereits fest: Die Vereinbarungen werden das Wissenschaftssystem nachhaltig prägen. Ein Überblick:

Welche Entscheidungen stehen an?

2020 läuft die größte Förderung für Hochschulen aus, die Bund und Länder je gestemmt haben: der "Hochschulpakt". Mit insgesamt 38 Milliarden Euro helfen beide den Hochschulen seit 2007 dabei, den Run auf die Unis mit 760 000 zusätzlichen Studienplätzen aufzufangen. Neben diesem Goliath der Förderung wird auch der kleinere "Qualitätspakt Lehre" neu verhandelt. Sein Jahresvolumen von 200 Millionen Euro ist dennoch beachtlich. Weitere kleinere, aber wichtige Programme hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern schon im November beschlossen, darunter die Förderung von Professuren an Fachhochschulen.

Was wird sich ändern?

Als ausgemacht gilt, dass der Hochschulpakt nach 2020 anderes heißen und - weit wichtiger - kein Ablaufdatum mehr haben wird. Wie viel Geld dann dauerhaft fließt, ist nur grob abzuschätzen: Bildungsministerin Anja Karliczek hat vonseiten des Bundes, der bislang gut die Hälfte der Paktmittel trägt, 1,88 Milliarden Euro pro Jahr angeboten. Das ist mehr als bisher, doch die Länder sähen gern eine noch höhere Zahl, im Raum steht eine 2,2. Zudem fordern sie, dass der Bund seine Leistung um jährlich drei Prozent steigert. Ein solches dynamisches Wachstum gewährt der Bund bei der Förderung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, schlägt sie den Hochschulen bislang jedoch ab. Er sieht zuerst die Länder in der Pflicht, die Grundfinanzierung der Hochschulen aufzubessern.

Wofür ist das viele Geld da?

Zunächst einmal dafür, die Kapazitäten zu erhalten. Denn obwohl die Zahl der aktuell 500 000 Studienanfänger je Jahr perspektivisch leicht abnimmt, bleibt sie insgesamt hoch. Nach der Quantität der Lehre soll jetzt aber auch ihre Qualität steigen. Daher könnte neben der Zahl der Studienanfänger etwa auch die der Absolventen ein Kriterium der Geldzuteilung sein. Das Kalkül: Je besser das Studium, desto weniger Menschen brechen es ab. Auch der Qualitätspakt Lehre, der den Ideenwettbewerb in der Hochschulbildung fördert, soll zu diesem Zweck verstetigt werden.

Wie wird die Lehre besser?

Der Wissenschaftsrat, der Bund und Länder in Fragen der Hochschulentwicklung berät, sagt klipp und klar: vor allem durch mehr Professuren. Dass ein Professor heute mehr Studenten betreut als zu Beginn des Hochschulpakts, nennt er "besonders problematisch". Die Relation liegt derzeit im Schnitt bei 1 : 66. Das erklärt, warum Lehrveranstaltungen großenteils Mitarbeitern obliegen, die weder habilitiert noch dauerhaft beschäftigt sind. Für das Studienangebot und den Studienerfolg müssten verstärkt Professoren und unbefristet angestellte, promovierte Mitarbeiter sorgen, fordert der Wissenschaftsrat - anders sei gute Lehre nicht machbar. 􀀀Die dafür benötigten Stellen könnten Hochschulen aber nur schaffen, wenn sie imstande sind, weit vorauszuplanen. Nur eine dauerhafte - und kostendeckende - Förderung würde das ermöglichen.

Wo steckt noch innovatives Potenzial?

In der Idee einer bundesweiten Lehrgemeinschaft. Bei ihr könnten Wissenschaftler Gelder für zukunftsweisende Lehrprojekte beantragen. Ähnlich wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die innovative Forschungsprojekte befristet fördert, könnte sie einen Wettbewerb um neue, gute Impulse in der Lehre aktivieren. Die Idee stammt vom Wissenschaftsrat, der die Lehrgemeinschaft als Nachfolger für den Qualitätspakt Lehre vorschlägt. Dafür gibt es Zu- und Widerspruch, die Debatte läuft. In einem ist man sich jedenfalls einig: Wissenschaftler sollten nicht nur als Forscher, sondern auch als gute Lehrende Reputation erlangen können.

© SZ vom 14.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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