Begabtenförderung:Warum das Deutschland-Stipendium ein Flop ist

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Es war lange und groß angekündigt worden - mindestens acht Prozent der Studierenden sollen ein Deutschland-Stipendium erhalten. Doch das Projekt ist ein Ladenhüter. Und das liegt nicht nur daran, dass zu wenige spenden wollen.

Roland Preuß

Am Werbematerial kann es nicht liegen. Vom Handzettel des Bundesbildungsministeriums blickt dem Leser eine braunäugige Studentin auf Hochglanz entgegen, ihr Gesicht ist in zwei Hälften geteilt, was aber gleich mit der Überschrift erklärt wird: "Die ganze Zukunft zum halben Preis". Im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit gibt es den raffinierten Augenfänger wahlweise auch mit gelocktem Studenten auf dem Titelblatt. Die Rede ist vom Deutschland-Stipendium, einem der großen Förderprogramme für Studierende in Deutschland.

Zumindest war es groß gedacht. Jeder zwölfte Kommilitone sollte in den Genuss von 300 Euro im Monat kommen, die Hälfte des Geldes müssen Private beisteuern, die andere Hälfte legen Bund und Länder dazu. Die Werbekampagne sollte Unternehmen und Privatpersonen dazu bringen, ihre Kassen zu öffnen. "Damit geben Sie etwas von dem zurück, das Sie selbst im Zuge Ihrer Ausbildung bekommen haben", wirbt Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU).

Doch zwei Jahre nach dem Start zeigt sich nun: Es gibt zu wenige, die "zurückgeben" oder spenden wollen. Schavan hat die Zielmarken für den Aufbau des Stipendienprogramms deutlich runtergesetzt, wie aus der Antwort ihres Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht.

Dieses Jahr soll demnach ein Prozent aller Studenten von der Hilfe profitieren, im Wintersemester 2013/2014 dann gerade einmal 1,5 Prozent. "Mittelfristig" wolle man weiterhin das ursprüngliche Ziel von acht Prozent schaffen, schreibt das Ministerium. Ist nur die Frage, wie weit man diesen Begriff dehnt: Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dann werden die acht Prozent frühestens in 14 Jahren erreicht sein. Auch das Ministerium selbst hatte vor zwei Jahren in seinem Gesetzentwurf noch mit mehr Spendierfreude gerechnet und gut das Doppelte an geförderten Studenten eingeplant.

Woran liegt das? Sind Deutschlands Unternehmen zu geizig? Oder die Hochschulen als zuständige Stipendienwerber zu träge? Fakt ist, dass sich bisher ein Viertel aller Hochschulen gar nicht an dem Programm beteiligt hat, darunter große Universitäten wie die in Hamburg.

Bei so vielen Hochschulen in der Stadt bestehe die Gefahr, dass man sich gegenseitig die Geldgeber abspenstig mache, sagt der Präsident der Hamburger Uni, Dieter Lenzen. Man müsse sich erst koordinieren. Zudem wolle man mögliche Geldgeber nicht mit Anfragen bombardieren. "Wir müssen die oft großen Spendensummen für Forschung und Lehre abwägen gegenüber der Einwerbung von Einzelstipendien." Nach Lenzens Erfahrung kommt hinzu, dass die Unternehmer mehr beteiligt werden wollen: Sie möchten die Stipendiaten mit aussuchen und später bevorzugt für eine Anstellung umwerben dürfen. Doch das ist so nicht vorgesehen.

Für die Grünen zeigt das maue Interesse, dass das ganze Modell ein Irrweg sei. Die oft nur für ein Jahr bewilligten "Kurzzeitstipendien", die von einem Stifter abhingen, gingen am Bedarf der Studierenden vorbei, sagt der Initiator der Anfrage, der Bildungspolitiker Kai Gehring. Nutznießer seien vor allem die Unternehmen: Sie könnten ein Stipendium als Wohltat verkaufen - und auch noch von der Steuer absetzen.

© SZ vom 17.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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