Alte Schule:Cem Özdemir

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Cem Özdemir, geboren 1965 in Bad Urach als Sohn türkischer Gastarbeiter, besuchte erst die Hauptschule, ab der sechsten Klasse die Realschule. Er machte eine Ausbildung zum Erzieher, holte die Fachhochschulreife nach und studierte Sozialpädagogik. 1981 trat er den Grünen bei, für die er 1994 erstmals und 2013 erneut in den Bundestag einzog. Von 2008 bis 2018 war er Co-Vorsitzender der Partei. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Mein Hobby in der Pause? "Drinnen verstecken, um nicht rausgehen zu müssen." Der Grünen-Politiker und ehemalige Parteivorsitzende im SZ-Fragebogen.

Erste Reihe oder letzte Bank?

Von der ersten Klasse an praktisch immer letzte Reihe. Dahinter kam nur noch die Wand. Auch im Bus immer ganz hinten. Freiwillig nie nach vorne, nicht auffallen. Mit der Zeit habe ich aber festgestellt, dass es sich lohnt, die Deckung zu verlassen, wenn man ein klares Ziel vor Augen hat. Sonst wäre ich wohl auch nicht Politiker geworden.

Influencer oder Follower?

Am Anfang Follower, später klar Influencer.

Mein Hobby in der Pause?

Drinnen verstecken, um nicht rausgehen zu müssen.

Meine größte Stunde?

In der 1. Klasse nicht sitzen geblieben zu sein und nach einem Jahr Hauptschule auf die Realschule gewechselt zu haben - das haben mir nicht alle zugetraut.

Das würde ich gern vergessen:

Die zwei Jahre Flötenunterricht während der Erzieherschule, in denen ich erfolgreich Flötespielen simuliert habe.

Ein Denkmal gebührt ...

... all meinen Lehrerinnen und Lehrern und Nachhilfen, die mir eine Chance gegeben haben, obwohl ich kein Akademikerkind war und mein Vorname nicht Franz oder Klaus lautete: Frau Mogg, Herr Simader, Herr Porer, Herr Haug, Frau Naumann, Frau Eick und so vielen mehr - herzlichen Dank! Ich versuche, heute etwas davon zurückzugeben an Kinder.

Lernen ist ...

.. eine riesige Chance, wenn man selbst will, das passende Elternhaus hat und die richtigen Lehrerinnen und Lehrer. Nicht jeder hat das Glück, dass alles drei passt.

Noten sind ...

.. ein Ansporn, im besten Falle. Sie sollten sich an der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Kindes orientieren.

Schule müsste ...

.. der Ort sein, wo meine Neugierde und meine großen Augen bleiben dürfen und ich immer wieder Anregungen erhalte. Und natürlich ein wichtiger Ort, an dem ich zu einem mündigen, emphatiefähigen Bürger erzogen werde.

Entschuldigen muss ich mich bei ...

... ach, wo soll ich anfangen? Definitiv bei meinem Freund und Nachbarn, dessen Fahrrad ich immer dann mitangeschlossen habe, wenn ich genau wusste, dass er früher Schulschluss hat. Hinterher habe ich mich immer ganz ernsthaft bei ihm bedankt, dass er extra eine Stunde auf mich gewartet hat. Wir sind übrigens immer noch befreundet.

Entschuldigen muss sich bei mir ...

... diejenigen, die nur gesehen haben, wie ich heiße und wie ich scheine und nicht, wer ich sein könnte.

Zur Schule hat jeder was zu sagen. War ja jeder da. Deshalb gibt es jede Woche "Alte Schule".

© SZ vom 14.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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