Zwischen Fichtelberg und Aš:Brückenschlag zwischen Bürgern

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Meist geteert: Der 56 Kilometer lange Radweg wurde 2012 fertig und verläuft auf alten aufgelassenen Bahntrassen. (Foto: oh)

Der Radweg verbindet Bayern mit Böhmen und bringt beiden Touristen

Von Ralf Scharnitzky, Wunsiedel

Eigentlich war der Radweg zwischen Fichtelberg im Fichtelgebirge und Aš im Ascher Ländchen in erster Linie als großer Brückenschlag zwischen Bayern und Böhmen gedacht. Deshalb wurde sein Bau auch mit EU-Geldern gefördert. Aber der Radweg, der größtenteils auf alten aufgelassenen Bahntrassen verläuft, schlägt auch kleine Brücken zwischen den Bürgern in Nachbarorten, die zuvor kaum einen Weg zueinander gefunden haben.

"Das war das Beste, was der Landkreis seit Jahren hervorgebracht hat", sagt Helmut Tietz. Er betreibt seit drei Jahrzehnten in Kaiserhammer eine Imkerei. Vor einigen Jahren hat er in seinem wunderschön hergerichteten Haus einen alten, leer stehenden Tanzsaal von 1926 restauriert. Dort veranstaltet er jetzt ein buntes Kulturprogramm. Früher, mit dem Auto, waren die beiden 150-Seelen-Weiler Kaiserhammer und Schwarzenhammer nur wenigen ein Ausflug wert. Jetzt geht's per Rad vom knapp zehn Kilometer entfernten Selb ohne große Steigung durchs schöne Selbbachtal in die beiden Hammer-Orte. "Seit es den Radweg gibt, kommen viel mehr Leute her. Aus der Nachbarschaft, aber auch Touristen", sagt Tietz. Sogar ein Café wurde deswegen neu errichtet.

Die Idee, auf zwei alten Bahnstrecken zwischen Tröstau und dem Wunsiedler Ortsteil Holenbrunn sowie Holenbrunn und Selb einen Radweg zu errichten, gab es schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Doch irgendwie war das Interesse der Bürgermeister in den an der Strecke liegenden Orte gering, es ging nichts voran. Bis Landrat Karl Döhler (CSU) die Sache in die Hand nahm und die Bürgermeister ins Boot holte. "Heute sind alle begeistert", sagt Frank Römhildt von der Wirtschaftsförderung des Landkreises. Seit Juli 2012 führt der zumeist geteerte Weg über 56 Kilometer durch die typische Fichtelgebirgs-Landschaft mit Wäldern, Wiesen, Flüssen, Bächen und Seen. Die vor dem Ersten Weltkrieg in Betrieb genommenen Bahnstrecken ermöglichten die Ansiedlung steinbearbeitender Betriebe und von Porzellanfabriken, die der Region wirtschaftliche Blüte bescherten - beide Wirtschaftszweige sind inzwischen verblüht. Deshalb stößt der Radler auf seiner Tour auch immer wieder auf industrielle Kulturdenkmale.

Die Gegend ist auch bekannt für ihre zahlreichen Kräuter. Man denke nur an den Sechsämtertropfen, der aus Wunsiedel stammt. Seit 1999 betreibt Roland Gläßl in Göpfersgrün das "Wirtshaus zum Gut". Er darf sich "Wildkräuter-Koch" nennen: Auf seiner Karte stehen unter anderem Wildkräutersalate mit Fichtenspitzendressing, Brennnessel-Gnocchi, Beifußsoße und Bärlauch-Öl. Das Besondere: alles im Umfeld von 200 Metern gepflückt. "Weiter gehe ich nicht", sagt Gläßl. Auch er profitiert von dem Radweg, obwohl er gut 300 Meter neben der Strecke liegt, den Berg hinunter. Nach dem Essen geht's bergauf. Kein Problem, schon gar nicht für die vielen Senioren, die vor allem während der mehrmonatigen Festspielzeit mit E-Bikes unterwegs sind.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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