Mit einem leisen "Pfrrrrrr" saust die Klobürste durch den Garten am Rand von Burgkunstadt. Abgefeuert von einer Klobürsten-Bazooka, pflop, dann steckt sie tief in den Eichenbohlen. Die Vögel zwitschern. Jörg Sprave freut sich. "Je skurriler, desto besser", sagt er, "und gerne auch ein bisschen schlüpfrig." Der Mann mit dem Brustumfang einer Spessarteiche muss es wissen, denn er hat es zum Internet-Star gebracht, weil er mit Gebrauchsgegenständen um sich ballert.
Jede Woche baut er eine neue Schleuder und verschießt damit Bleistifte, Wurfmesser, Kreissägeblätter, Kartoffeln oder eben Klobürsten. Oder er feuert Kondome auf einen Plastik-Penis. Warum er das tut? Weil es ihm Spaß macht. Und weil es sehr viele Menschen unterhaltsam finden, Männer vor allem. Um die 45 Millionen Mal sind seine Videos auf dem Internetkanal Youtube schon angeklickt worden.
In die Garage passt längst kein Auto mehr. Sägen, Feilen und jede Menge Holz liegen darin, das Sägemehl formt schon kleine Wüstenlandschaften auf dem Boden. Hier baut Sprave seine Wurfmaschinen. Holzkonstruktionen für ein ganz bestimmtes Geschoss, gespannt mit einem Gummi, "wie man ihn aus Frauenfitnessstudios kennt", sagt Sprave. Alles muskelbetrieben. Mit einfachen Zwillen hat er angefangen, zu Schulzeiten schon. Dann Bogenschießen, irgendwann ging dann der Irrsinn los. 265 Filme stehen schon in seinem "Slingshot Channel" auf Youtube.
"Da braucht es einen Mann", sagt Sprave mit Blick auf den eher schmächtigen Fotografie-Praktikanten, bevor er die Gummis an der Kartoffel-Wurfmaschine spannt. Mit einem Schmatzen zerschellt das Gemüse an der Bohlenwand, die genau zu diesem Zweck da steht. Noch besser funktioniert es mit gefrorenen Kartoffeln, sagt Sprave, die zerschmettern eine Wassermelone. Was in der Zeitlupe eine ganz besondere Ästhetik bekomme. Andere Männer kriegen diesen Klang in der Stimme, wenn sie von Modelleisenbahnen sprechen. Dreck darf es machen, wenn Sprave ballert, oder wenigstens einen ordentlichen Wumms. Männerspektakel.
Die neueste Konstruktion ist der "Bola Launcher". Ein zweiläufiges Holzgewehr, das eine Schnur abfeuert, an deren Enden zwei Gewichte sitzen. Einem Jagdgerät aus Südamerika nachempfunden. Sprave erklärt den Apparat im Video - auf Englisch, da die meisten Zuschauer amerikanische Männer sind. Dann schießt er, die Schnur wickelt sich um einen Holzpfosten. Und in Zeitlupe noch mal, die Kamera für 16.000 Euro hat sich der gebürtige Dortmunder extra angeschafft. Sonntagmittag steht das Video im Netz. "Lang lebe Jörg Sprave", steht kurz darauf als Kommentar dabei. Aus den Reaktionen hat der 48-Jährige gelernt wie seine Filme noch besser ankommen: "Weniger Gelaber, mehr schießen."
800 Mails pro Woche
Es geht auch um Eitelkeit in diesem Garten in Burgkunstadt. Sprave ist ein Selbstdarsteller. Würden nicht jeden Sonntag seine Zuschauer auf das neueste Filmchen warten, das im ländlichen Idyll Oberfrankens drei bis vier Stunden braucht, bis es die langsame Internetleitung passiert hat, hätte Sprave längst aufgehört zu basteln. Bis zu 6000 Kommentare werde pro Video geschrieben, 800 Mails bekommt er in der Woche. Die Gemeinde verlangt Pflege. Und Sprave ist gerne ein Youtube-Star. Dass ihn manche einen Verrückten nennen, stört ihn nicht. Der Zuspruch ist größer.
Am größten war der bisher bei der Kondom-Schleuder, einem weitgehend sinnlosen Gerät. Die baute er als Beitrag zu einem Wettbewerb der Bill-Gates-Stiftung, der Verbesserungsvorschläge für Präservative sammeln wollte. 4,5 Millionen Klicks bekam Sprave - und Wochen später einen Brief aus Amerika. Von der Stiftung, handgeschrieben, weil er dem Wettbewerb so viel Aufmerksamkeit verschafft hatte.
Sprave mag die Extreme, eigentlich wollte er mal Olympiasieger im Judo werden. Eine Knieverletzung kam dazwischen, die Statur eines Gewichthebers hat er noch. Jetzt würde er gerne mal in einem Hollywood-Film mitspielen. An einem anderen Lebenstraum, der Promotion, arbeitet er gerade. Ganz was anderes, es geht um Gesundheitsmanagement und Impfungen. Das habe ihn einfach interessiert. Ein Buch zu schreiben steht auch noch auf seiner Liste. Man braucht doch Ziele, sagt er. Und Langeweile könne er nicht ertragen.