Wunsiedel:Donner über der Luisenburg

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Schon als Fastenprediger auf dem Nockherberg bewies Michael Lerchenberg, dass er drastisch dreinschlagen kann. (Foto: oh)

Michael Lerchenberg, Intendant der Festspiele, rechnet mit der Lokalpolitik ab

Von Katja Auer, Wunsiedel

Bald geht es wieder los auf der Luisenburg, das Wikingerschiff für das Kinderstück ist schon da. Außerdem gibt es in diesem Jahr den Brandner Kaspar und Shakespeares Sommernachtstraum zu sehen. Die Festspiele in Wunsiedel ziehen pro Jahr bis zu 150 000 Zuschauer zur Naturbühne ins Fichtelgebirge. Ein enormer Imagefaktor für das Städtchen. Und ein enormer Kostenfaktor. Denn Wunsiedel, das so klamm ist, dass es keinen genehmigten Haushalt mehr hat, veranstaltet die Festspiele und so muss die Stadt auch für das Defizit aufkommen. Das war in den vergangenen Jahren höher als gedacht, was ein Problem ist für eine Stadt, in der das Geld hinten und vorne nicht reicht.

Weil aber die Kunst trotzdem kostet, ist vor einiger Zeit Intendant Michael Lerchenberg der Kragen geplatzt. Er schrieb einen wütenden Brief an Bürgermeister Karl-Willi Beck und die Stadträte, der nun bekannt geworden ist. Darin beklagt Lerchenberg, der seit zwölf Jahren die Festspiele leitet, die desolate finanzielle Situation. "Völlig unzureichend und indiskutabel" seien die 180 000 Euro, die Wunsiedel für die Festspiele zur Verfügung stelle. Umgekehrt müsse er einen viel zu hohen Förderbeitrag an die Stadt abführen, fünf Euro pro Eintrittskarte, das mache im Jahr bis zu 600 000 Euro aus. Das Geld, das für Investitionen rund um den Theaterbetrieb vorgesehen ist, werfe die Stadt dann beispielsweise für Schrottimmobilien zum Fenster hinaus.

Lerchenberg klingt erbost und kritisiert die Politiker scharf. Dass die Staatsregierung immer noch mehr Geld zuschieße - im vergangenen Jahr legte Kunstminister Ludwig Spaenle auf die 450 000 Euro Förderung noch einmal 200 000 Euro für das Defizit drauf - sei nicht dem guten Leumund der Stadt Wunsiedel zu verdanken. Im Gegenteil, die öffentliche Darstellung der Stadt sei "desaströs" und der Ruf bei der Staatsregierung "inzwischen gründlich ruiniert". Allein der Erfolg und die Bedeutung der Festspiele "sowie mein persönlicher Einsatz und die Wertschätzung, die man mir in München entgegenbringt", könnten das Überleben der Luisenburg noch sichern.

Es geht so weiter, der Brief ist eine erbitterte Abrechnung und löste eine entsprechende Verstörung bei den Adressaten aus. Bürgermeister Beck will dazu eigentlich gar nicht viel sagen, nur soviel, man sei längst wieder miteinander im Gespräch. Als Theaterdonner tut mancher Lerchenbergs Tirade ab, die Finanznot ist freilich real. Nun soll wieder die Staatsregierung helfen, demnächst ist ein Gespräch im Kunstministerium geplant. Am liebsten wäre es Beck, eine eigene GmbH für die Festspiele zu gründen und so eine eigene Finanzierung aufzulegen, die nicht an den Haushalt der Stadt gebunden wäre. Mit 5,80 Euro wird jede Eintrittskarte für die Festspiele bislang von der öffentlichen Hand gefördert, ein "in Deutschland einmaliger Wert" wie Lerchenberg sagt. Bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth sind es 160 Euro. Den Großteil der Kosten müssen auf der Luisenburg durch Eintrittsgeld und Sponsorenbeiträge selbst erwirtschaftet werden.

Mancher Politiker in der Region schlägt auch vor, ein Staatstheater aus der Luisenburg zu machen. Das sei der überregionalen Bedeutung nur angemessen. Immerhin spart sich die Stadt in diesem Fall die 12 000 Euro für Getränke und Häppchen nach der Premiere. Der Feier wird zum ersten Mal als Staatsempfang ausgerichtet.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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