Weißenstadt:Brot und Kunst

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Die Firma Pema in Weißenstadt produziert Roggenvollkornbrot ohne Zusätze. Aber nicht nur. Die Leupoldts gründeten ein Museum und fördern die Kultur

Von Anja-Maria Meister, Weißenstadt

Dezember in Weißenstadt am Rand des Fichtelgebirges. Auf der Straße riecht es nach frischem Brot, leicht malzig und ein wenig süßlich. Bei der Pema Vollkorn-Spezialitäten Heinrich Leupoldt KG werden gerade Vollkornbrot und Soßenkuchen gebacken, beides hat immer Saison. Nur in der Lebkuchen-Bäckerei ist kurz vor Weihnachten nichts mehr los. Im Juni beginnt dort die Produktion wieder, schließlich will der Handel immer früher die Weihnachtsbackwaren im Regal haben. Eine Eile, die so gar nicht zur Philosophie von Inhaber Franz Leupoldt, 81, und seiner Frau Laura Krainz-Leupoldt, 55, passt. Sie führen den Familienbetrieb in dritter Generation und propagieren, wo es geht, dass die Natur sich für die Dinge Zeit lässt und dies auch der Mensch tun sollte.

Das bekannteste Pema-Produkt ist heute Roggenvollkornbrot, begonnen hat es aber mit Lebkuchen: 1905 gründete Adam Leupoldt in Weißenstadt (Landkreis Wunsiedel) eine Konditorei, sein Sohn Heinrich begann vor dem Zweiten Weltkrieg mit der automatisierten Produktion von Oblaten-Lebkuchen und Soßenkuchen, die, fein gerieben, in dunklen Soßen verkocht werden. 1950 kam die Vollkornbrotproduktion hinzu, die Marke Pema wurde gegründet. "Pema" ist tibetisch und "steht für die Reinheit der Lotosblüte, der perfekte Name für ein Brot, das auf fremde Zusatzstoffe verzichtet", erklärt Franz Leupoldt. Er trat 1960 in die Firma ein, 1992 holte er seine Frau Laura hinzu. Seit 2014 ist sie geschäftsführende Gesellschafterin. Die Firmenkultur von Pema trägt eindeutig die Handschrift der promovierten Sprachwissenschaftlerin mit dem Faible für konkrete Kunst und Philosophie: "Ganzheitlichkeit, Einfachheit, das alles steckt in unserem Produkt", sagt sie.

Das fängt beim Rohstoff an: Roggen ist unkompliziert, er liebt karge Böden und braucht eine kalte Phase - perfekt für den mitunter arg langen Winter in Oberfranken. "Das Korn muss man säen und schneiden, sonst nichts", Franz Leupoldt zitiert gerne einen "alten Landwirt", wenn er gegen Zusatzstoffe, Pestizide und genmanipuliertes Saatgut argumentiert. Folgerichtig kauft Pema sein Korn von 50 Vertragsbauern aus der Region. "Auf dem internationalen Markt wäre das sicher günstiger, aber so leisten wir einen Beitrag zur lokalen Landwirtschaft", sagt Krainz-Leupold und fügt an: "Wir waren zig Jahre vor dem Biotrend schon bio." Allerdings habe man den Bauern erst die Angst nehmen müssen, dass es schiefgehen könnte, wenn sie nicht alle verfügbaren Spritzmittel einsetzten, erklärt ihr Mann. Das Korn werde bei Pema selber gewaschen, gemahlen und weiterverarbeitet, sagt der Firmenchef und betont: "Roggenbrot braucht nur Wasser und Salz, sonst nichts." Zusatzmittel habe er abgeschafft. Auch bei den Lebkuchen legt er Wert auf die Reinheit der Zutaten: Wenn andere Hersteller das günstigere Persipan aus Aprikosen- oder Pfirsichkernen nahmen, blieb Leupoldt beim Marzipan, obwohl das teurer war.

Einfachheit hin, Natürlichkeit her, ein Vollkornbrot ohne Zusatzstoffe herzustellen, ist keine ganz so simple Sache. Es bedeutet, genau zu wissen, wie viele Stunden das Korn bis kurz vor der Keimung quellen muss, wie der Teig geknetet wird, wie viel Zeit der Sauerteig hat und wie lange die kastenförmigen Brotlaibe im Dampfofen bleiben. Wie das Pumpernickel von Pema, das nicht durch Zugabe von Zuckerrübensirup oder Malzextrakt so dunkel wird, sondern allein durch 20 Stunden im Ofen. Diesen hat Leupoldt nach seinen Plänen bauen lassen, ebenso wie die Silos für den Sauerteig, die Anlage für das Befüllen der Backformen und die Verpackungsmaschinen. Er hat ein spezielles Verfahren zum Pasteurisieren in der Packung entwickelt. Deshalb sind die Brote ohne Konservierungsstoffe haltbar, auch für den Export. In Deutschland gibt es Pema-Brote in vielen Supermärkten, in den USA verkaufen vor allem Biomärkte die Produkte aus Weißenstadt.

Das pädagogisch-poetische Informationszentrum für Roggen-Kultur ist eins von vielen Projekten. (Foto: David Ebener)

Für die Vermarktung ist Laura Krainz-Leupoldt zuständig. Sie hat die Lebkuchen-Verpackungen mit klarem Design und knalligen Farben aufgepeppt. Außerdem steht sie hinter neuen Brot-Ideen: "Denk Brot", ein Reisbrot mit Amaranth und Quinoa als Kupfer- und Magnesiumquelle oder "Gute Laune Brot" aus Hafervollkorn mit Aprikosenstückchen, laut Pema glutenarm und Vitamin-C-haltig.

Solche Produktentwicklungen unterstützt der medizinische Beirat der Firma, der auch für Fragen der Mitarbeitergesundheit zuständig ist. Pema beschäftigt zudem einen Nachhaltigkeitsbeauftragten. "Der Kulturbegriff muss in den Verhaltensformen verankert werden, es geht um eine Haltung." Die zeigt sich auf dem gesamten Firmengelände: In den Fluren hängen abstrakte Kunstwerke, in der Kantine steht ein Bücherregal mit Belletristik, Heimatgeschichte, aber auch Philosophischem und Politischem. Und im "Weißen Kubus", einem imposanten Gebäude mit Glasfassade über zwei Stockwerke, finden Schulungen und Workshops für die 170 Mitarbeiter oder interessierte Gäste statt - über Kunst, Ethik und Gesundheit.

Der Kubus ist Teil von "Pemakultur", einem "kulturellen Kraftort mit dem Ziel, die ganzheitliche Entwicklung des Menschen zu fördern", wie es in einem Flyer beschrieben wird. 2007 gründete Laura Krainz-Leupoldt in dem 3400-Einwohner-Ort das "Kleine Museum" für zeitgenössische Kunst mit Ausstellungen international bekannter Künstler. 2014 folgte das "Rogg-In" - ein "pädagogisch-poetisches Informationszentrum für Roggenkultur" in einem lang gezogenen flachen - roggenbrotfarbenen - Bau samt Roggengarten, in dem das Getreide in unterschiedlichen Vegetationsstadien steht. Seit 2015 gibt es das Pema Kulturfestival. Und demnächst soll mit der "Alten Angermühle" ein "Zentrum für regionale Küche, Kreativität, Bildung und Kultur" hinzukommen. Auch dort soll es um die Firmenphilosophie gehen und nicht zuletzt um das, was Pema erfolgreich macht: um Roggenbrot.

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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