Wahl des evangelischen Landesbischofs:Wahlkrimi mit klarem Sieger

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Es brauchte sechs Wahlgänge: Der Bamberger Theologieprofessor Heinrich Bedford-Strohm ist neuer evangelischer Landesbischof. Die einzige Frau schied aus.

Monika Maier-Albang

Am Ende wird es doch der, der von Anfang an die meisten Stimmen auf sich ziehen konnte, den sie im Verlauf des Wahltages schon mal den Kandidaten der Herzen nennen: Heinrich Bedford-Strohm, der seine Frau mitgebracht hat und den Vater, der in einer der hinteren Reihen Platz genommen hat. Dekan in Passau und Pfarrer in der Coburger Gemeinde St. Lukas war der Vater. Der Sohn übernahm Jahre später die Coburger Hauptkirche St. Moritz, wurde dann Theologieprofessor in Bamberg, wo die Studenten an diesem Tag gehofft haben sollen, dass er nicht Landesbischof wird. Weil sie ihn nicht verlieren wollten.

Der Theologieprofessor Heinrich Bedford-Strohm aus Bamberg wird Nachfolger des evangelischen Landesbischofs Johannes Friedrich. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Wahlkrimi ist es, der sich da abspielt am Montag in der Münchner Bischofskirche St. Matthäus, dem Rundbau, den Gustav Gsaenger in den 50er Jahren neu erbaute, nachdem die Nationalsozialisten den Vorgängerbau hatten abreißen lassen. Acht Stunden wird gewählt, von 9 Uhr morgens bis 17 Uhr am Nachmittag, zwischendurch ziehen sich die Synodalen zum Beraten zurück, jeder zu dem Arbeitskreis, dem er sich zugehörig fühlt, die Konservativen "Gemeinde unterwegs" sitzen hinter zugezogenen Vorhängen im Gemeindesaal im Stuhlkreis, die Progressiven von der "Offenen Kirche" beraten im Keller, der mittlere dritte Arbeitskreis in der Sakristei. Sechs Wahlgänge dauert es, bis der neue Bischof der evangelischen Landeskirche in Bayern endlich feststeht.

Immer wieder gehen die 105 Mitglieder der bayerischen Landessynode, aufgerufen nach dem Alphabet, die Stufen hoch zur Wahlurne, die neben dem Altar ihren Platz gefunden hat. Dort stehen auch die beiden Wahlkabinen, in denen jeder Kirchenparlamentarier ungestört sein Kreuzchen machen kann. Schon der erste Wahlgang ist eine Überraschung. Von einem Patt zwischen den drei Kandidaten Bedford-Strohm, Helmut Völkel und Susanne Breit-Keßler waren die Auguren noch am Abend zuvor ausgegangen, als sich die Synodalen im großen Rathaussaal beim städtischen Empfang trafen.

Doch als das Ergebnis verlesen wird, sind viele schockiert: 22 Stimmen nur für die Münchner Regionalbischöfin, knapp über 20 Prozent, damit hatte keiner gerechnet. Will man ihr, die schon mal als zu ambitioniert gilt, Demut lehren? Vielleicht also nur eine taktische erste Stimmabgabe, raunen sie zwischen den Kirchenbänken. Natürlich sei Breit-Keßler nach so langer Zeit im Amt "dem ein oder anderen auf die Zehen getreten", sagt ein Synodaler.

Günther Beckstein spricht von einem Ergebnis "unter Wert". Und Martin Bogdahn, Breit-Keßlers Vorgänger im Amt als Münchner Regionalbischof schreibt es dem München-Malus in der traditionell nordlastigen Landeskirche zu. Er hat es selbst durchlitten, 1994 in Rothenburg, als er gegen Hermann von Loewenich angetreten und bis zur Mittagspause vorne gelegen war. Gewählt wurde am Ende doch der Franke Loewenich.

Da tut sich einer wie Bedford-Strohm leichter, der in Oberfranken aufgewachsen ist, nicht im Landeskirchenamt Entscheidungen mittragen musste, dem man zutraut, frischen Wind in die Kirche zu bringen, der es wagt, zur Wahl im rosafarbenen Hemd anzutreten; der Sozialethiker, dem sie zutrauen, dass er seine Kirche gut repräsentiert. Charmant ist der 51-Jährige, klug, eloquent und gerade noch konservativ genug, um auch Stimmen vom konservativen Flügel zu erhalten, der sich zunächst auf Helmut Völkel, den beliebten Personalreferenten, eingeschworen hatte. Theologisch liegen alle drei nah beieinander, der Frauen-Faktor spielt kaum eine Rolle; letztlich ist es wohl die Chemie, die entscheidet über den Ausgang der Wahl.

Im zweien und dritten Wahlgang holt Susanne Breit-Keßler auf, steigert sich auf 26, dann auf 29 Stimmen. Im vierten Wahlgang fällt sie wieder auf 23 Stimmen zurück. Völkel pendelt zwischen 34 und 29 Stimmen. Heinrich Bedford-Strohm bleibt die ganze Zeit in Führung: mit 47 Stimmen war er gestartet, verlor zwei, gewann wieder zwei dazu, bekommt im vierten Wahlgang erneut 47 Stimmen. Zu wenig für die Zwei-Drittel-Mehrheit, die in den ersten beiden Wahlgängen erforderlich ist, zu wenig auch noch für die absolute, die es bis zum fünften Wahlgang braucht. Erst beim sechsten Wahlgang sieht das Wahlgesetz vor, dass nur noch die beiden Bewerber mit den meisten Stimmen antreten dürfen.

Zurückziehen mag keiner der Bewerber, so ist man beim fünften Wahlgang. In diesem erhält Breit-Keßler nur noch 18 Stimmen und scheidet damit aus. Im sechsten Wahlgang treten nur noch Bedford-Strohm und Völkel gegen einander an. Der Professor aus Bamberg erringt die absolute Mehrheit: 63 Stimmen. Auf seinen Gegenkandidaten Völkel entfallen 37, fünf Synodale haben sich enthalten. Bedford-Strohm ist neuer evangelischer Landesbischof von Bayern.

© SZ vom 05.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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