Vogelgrippe in Erlangen:Behörden lassen 160 000 Enten töten

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Nachdem sich der Verdacht auf Vogelgrippe in einem bayerischen Geflügelzuchtbetrieb bestätigt hat, sind am Sonntag 160.000 Tiere getötet worden.

Olaf Przybilla

Die Hygieneschleusen an der Zufahrt zu dem Entenmastbetrieb im fränkischen Wachenroth sind nicht erst seit diesem Wochenende in Betrieb. Schon seit im März 2006 im Landkreis Erlangen-Höchstadt mehrere Wildvögel an der Vogelgrippe verendet waren, herrschte in Wachenroth Alarmbereitschaft.

Der Hof gilt als einer der größten Entenmastbetriebe in Deutschland. Das Landratsamt ordnete deshalb einen Sperrbezirk um den Betrieb an - und der wurde auch nicht mehr aufgehoben. In den Ortsteilen Buchfeld und Warmersdorf sind Hunde deshalb seit eineinhalb Jahren anzuleinen, Kleintierzüchter müssen ihr Geflügel in Ställen halten.

Doch all diese Vorsorgemaßnahmen haben nichts genutzt, Tiere des Mastbetriebs wurden von dem gefährlichen H5N1-Virus befallen. Noch am Samstagabend wurde in Wachenroth mit der Keulung von insgesamt 160 000 Enten begonnen. Bis zum Sonntagabend sollten der gesamte Bestand des Hofes vernichtet sein.

Zuvor waren auf dem Hof 400 Enten an der hochansteckenden Variante des Vogelgrippevirus verendet. Die Tiere stammen aus einem Tochterunternehmen aus Niedersachsen. Dort werden die Küken ausgebrütet und am ersten Lebenstag nach Franken transportiert. Vier Wochen alt waren die Jungtiere, die an der Geflügelpest starben.

Die Seuche brach in einem Stall mit 44.000 Enten aus, noch am Samstagnachmittag erklärte der Anwalt des Unternehmens, von der Keulung seien "ausschließlich die Tiere dieses einen Stalls" bedroht. Zwei Stunden später jedoch ordnete das Erlanger Landratsamt die Keulung aller 160.000 Enten an.

In den beiden mobilen Tötungsanlagen des Freistaates wurden "Küken durch Kohlendioxid vergast", teilte das Landesamt für Lebensmittelsicherheit mit. Die Frühmastenten starben durch einen Stromstoß im Wasserbad. "Wir konnten nicht anders handeln", sagte Ottmar Fick, der Amtsveterinär des Landratsamtes. Nachdem das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems die gefährliche Variante des H5N1-Virus festgestellt hatte, sei seiner Behörde keine andere Wahl geblieben.

Keine Rückholaktion

Eine Gefahr für Konsumenten bestehe nicht, sagte Andreas Zapf, Vizepräsident des Landesamtes für Verbraucherschutz. Nach den Ermittlungen sei es sehr unwahrscheinlich, dass verseuchtes Fleisch in den Handel gelangt sei. "Rein theoretisch" könne die hochansteckende Virus-Variante zwar auch dem Menschen gefährlich werden. Bei der Zubereitung von Fleisch stirbt das Virus aber ab - wenn es auf mehr als 70 Grad erhitzt wird.

Der Wachenrother Hof beliefert einen Großteil der fränkischen Asia-Gastronomie, verkauft aber auch tiefgefrorene Fertigprodukte, darunter eine Entengrillpfanne, fertig gewürzt. Für Rückholaktionen bestehe derzeit kein Anlass, heißt es im Landratsamt; der Verkauf sämtlicher nach dem 31. Juli eingelagerten Ware wurde gestoppt.

Wie das Virus trotz aller Vorsorge in den Hof gelangen konnte, bleibt rätselhaft. Im Tochterunternehmen in Niedersachsen wurden keinerlei Hinweise auf das Virus entdeckt. In Wachenroth könnte es über von Wildvögeln verunreinigtes Stroh aus der Umgebung in den Stall gelangt sein, spekulierte Otmar Bernhard, Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium.

In Vertretung von Minister Werner Schnappauf musste Bernhard den Ausbruch der Vogelpest in dem Nutzbetrieb erklären, den das Bundesministerium für Verbraucherschutz den "bislang mit Abstand gravierendsten Fall in Deutschland" nannte. Im sächsischen Wermsdorf waren im April 2006 insgesamt 20.000 Hühner und Puten gekeult worden, in Bayern war kurz zuvor in der Nähe von Lichtenfels der Bestand eines Kleinbetriebes beseitigt worden.

Nach der Tötung von 400 Enten und Puten stellte sich dort allerdings heraus, dass die Tiere gar nicht von dem gefährlichen Vogelgrippevirus befallen waren. Man nehme den Fall in Wachenroth sehr ernst, sagte Bernhard, das Nationale Krisenzentrum und die EU-Kommission seien unterrichtet worden. Eine schlüssige Erklärung, wie das Virus in einen Betrieb mit freiwilliger Sperrzone gelangen konnte, gebe es bislang aber nicht.

Für den Hof in Wachenroth mit seinen 70 Angestellten sei die Keulung "eine Tragödie", erklärte Bürgermeister Friedrich Gleitsmann (CSU). Der Wert der getöteten Tiere wird zwar durch die Bayerische Tierseuchenkasse ersetzt. Der wirtschaftliche Verlust des Betriebes dürfte freilich wesentlich höher liegen, schon allein des Imageschadens wegen.

Die Seniorchefin des Familienbetriebes, eine CSU-Gemeinderätin, spricht von einem schweren Einschnitt für das Unternehmen, dem die Amtsveterinäre eine "vorbildliche Hygiene" attestieren. Zwar geriet der Betrieb in der Vergangenheit immer wieder mal mit dem Landratsamt in Konflikt - etwa wenn Anwohner über zu starke Geruchsbelästigung klagten. Seit dem Ausbruch der Vogelgrippe im Kreis Erlangen aber, dem ersten Fall in Süddeutschland, habe der Betrieb "keinen Grund zur Beanstandung" gegeben, erklärten die zuständigen Behörden.

© SZ vom 27.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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