Die Verkaufsbeschränkungen an Tankstellen in Bayern sorgen seit Monaten für Ärger. Die komplizierte Regelung trennt Autofahrer von Fußgängern und führt zu eigenartigen Szenarien: So können Autofahrer jederzeit einen Schnaps an der Tankstelle kaufen, Fußgänger dagegen nicht. Das soll sich nun ändern. Fragen und Antworten zu einem reichlich skurrilen Fall.
Wie ist die gesetzliche Regelung momentan?
In Bayern gilt noch das alte Bundesladenschlussgesetz. In dem steht, dass an Tankstellen nach 20 Uhr und sonntags nur "Reisebedarf" verkauft werden darf. Allerdings war bis vor ein paar Monaten nicht genau definiert, wer überhaupt als Reisender zählt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig konkretisierte die Regelung - und das Sozialministerium erließ in der Folge neue sogenannte Vollzugshinweise. Und genau die sorgen für Ärger.
Und was besagen diese Vollzugshinweise?
Dass Tankstellen Waren nach 20 Uhr nur noch an "Reisende" verkaufen dürfen. Als Reisende gelten dabei Leute, die mit dem Auto oder Motorrad an die Tankstelle fahren. Das Gekaufte muss dem Reisebedarf entsprechen und darf nur in "kleineren Mengen" über den Tresen gehen. Bei Alkohol wird unterschieden: Bei einem Getränk mit bis zu acht Prozent Alkoholgehalt - wie zum Beispiel Bier - sind es zwei Liter pro Person. Hat das Getränk zwischen 8 und 14 Prozent, dann geht maximal ein Liter pro Käufer raus. Und für Hochprozentiges wie Schnaps gilt: nur 0,1 Liter. Fußgänger und Fahrradfahrer dürfen nichts kaufen - nicht einmal eine Tüte Chips oder eine Flasche Cola.
Was soll sich nun ändern?
Das Ziel von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und der schwarz-gelben Koalition ist klar: Auch Fußgänger und Radfahrer sollen an Tankstellen wieder einkaufen können, auch nach 20 Uhr und sonntags. Momentan werden die sogenannten Vollzugshinweise deshalb überarbeitet. So soll kein Unterschied mehr zwischen Reisenden und Nicht-Reisenden gemacht werden. Das Gesetz lasse hier einen Auslegungsspielraum zu, argumentiert Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU). Wann eine neue Regelung in Kraft tritt, ist aber noch unklar.
Was hat es mit dem angekündigten Alkohol-Verkaufsstopp auf sich?
Das ist eigentlich etwas anderes, wird aber im Paket mit den Vollzugshinweisen diskutiert. Haderthauer hatte vergangene Woche verkündet, dass zwei große bayerische Tankstellenverbände für eine Selbstverpflichtung der Tankstellen werben wollen: Die Tankstellen sollen sich dazu verpflichten, ab 22 Uhr an niemanden mehr Alkohol zu verkaufen. Freiwillig, wohlgemerkt - denn vom Gesetz her bleibt der nächtliche Alkoholverkauf an Erwachsene erlaubt.
Machen bei der Selbstverpflichtung alle Tankstellen mit?
Nein, bisher nicht. Die beiden Verbände - der Tankstellenverband Bayern und die Landesgruppe Süd des Bundesverbandes freier Tankstellen - decken zwar nach eigenen Angaben die meisten bayerischen Tankstellen ab. Andere Verbände - etwa der wichtige Mineralölwirtschaftsverband - sind aber bislang gegen einen Verkaufstopp. Das ist auch ein Grund, warum der Koalitionsausschuss am Freitag Nachverhandlungen anordnete. Haderthauer sagt, sie sei auch mit den anderen Tankstellenverbänden in "guten Gesprächen".
Wird es also bald nachts an keiner Tankstelle mehr Alkohol geben?
Nein, so wird es nicht kommen. Denn die Verbände können die einzelnen Pächter und Besitzer nicht dazu zwingen, eine Selbstverpflichtung zu unterzeichnen - sondern nur eine generelle Empfehlung geben oder dafür werben. Die Deutsche Polizeigewerkschaft findet deshalb auch, dass eine Selbstverpflichtung nichts bringe. Sie fordert ein allgemeines Verkaufsverbot für Alkohol an Tankstellen - doch das ist nicht in Sicht.