Verdächtige im neuen Gammelfleisch-Skandal:Alte Bekannte aus den 90er Jahren

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Bayern hat einen neuen Gammelfleisch-Skandal. Doch der Betrieb, der nun im Verdacht steht, genussuntaugliches Fleisch in den Verkehr gebracht zu haben, ist den Behörden bekannt. Bereits in den 90er Jahren ist die Firma ins Fadenkreuz der Ermittler geraten. Von der Opposition im Freistaat hagelt es scharfe Kritik.

Mike Szymanski und Birgit Kruse

Der Wertinger Fleischhändler, der nun wegen der Umetikettierung von genussuntauglichem Fleisch in die Schlagzeilen geraten ist, hat die Behörden schon früher beschäftigt. Nach SZ-Informationen hatte der Ehemann der Geschäftsführerin früher mit seinem Vater bereits mit minderwertigem Fleisch in großem Stil gehandelt. Deren Firma war Anfang der 90er Jahre aber wegen wiederholter Verstöße gegen das Lebensmittelrecht und illegalen Fleischexporten geschlossen worden.

Parallel dazu wurden die beiden Unternehmer wegen Steuerhinterziehung, Subventionsbetrug und Urkundenfälschung zu Haft- beziehungsweise zu Bewährungsstrafen verurteilt. Der Juniorchef soll damals auch einen Lebensmittelkontrolleur attackiert und mit einem Fausthieb niedergestreckt haben.

Jetzt ist erneut bekannt geworden, dass die Wertinger Firma mit verdorbener Ware gehandelt hat. Auf dem Gelände eines Fleischhändlers seien bereits am Freitag die genussuntauglichen Rind- und Putenstücke beschlagnahmt worden, bevor sie an einen Döner-Hersteller verkauft werden konnten, teilte die Staatsanwaltschaft Memmingen mit.

Der Ehemann der Geschäftsführerin habe im Zuge der Ermittlungen eingeräumt, im Juli bereits 20 Tonnen für den Verzehr ungeeigneten Fleisches an einen Döner-Fabrikanten geliefert zu haben. Der Abnehmer habe nicht gewusst, dass es sich um Gammelfleisch handele, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Schwerpunktmäßig wurden norddeutsche Dönerverkäufer versorgt

Die verdorbene Ware, die bereits im Juli ausgeliefert wurde, soll bundesweit in den Handel gelangt sein. Schwerpunktmäßig seien norddeutsche Dönerverkäufer damit versorgt worden.

Nach Informationen der SZ wurde der Betrieb bereits am Freitag geschlossen. Beamten stellten die Ware sicher und das Landratsamt prüft, ob der Firma die Gewerbeerlaubnis entzogen wird.

Thomas Kreuzer (CSU), Vorsitzender im Ekelfleisch-Untersuchungsausschuss nannte den erneuten Gammelfleisch-Fund skandalös. "Wichtig ist jetzt, dass die Täter bestraft werden." Er sprach von einem hochkriminellen Verhalten, dass trotz verbesserter Kontrollen nie völlig zu unterbinden sei.

"Viel Aktionismus, keine effektiven Kontrollen"

Kritik am Überwachungssystem des Freistaats kommt indes aus der Landtags-Opposition. "Es gibt viel Aktionismus, aber noch immer keine effektiven Kontrollen", sagte der SPD-Abgeordnete Herbert Müller, stellvertretender Vorsitzender im Gammelfleisch-Untersuchungsausschuss.

Er bemängelte, dass es wieder nicht Kontrolleure gewesen seien, die das Gammelfleisch entdeckt hätten. "Wir halten einen riesen Apparat vor und dann ist es doch der aufmerksame Lkw-Fahrer, der den Tipp gibt." Müller fordert erneut härtere Strafen für Fleischhändler, die Ware umetikettieren. "Solange solche Vergehen als Kavaliersdelikte behandelt werden, wird sich nichts ändern."

Und auch die Landtags-Grünen erheben schwere Vorwürfe gegen Umweltminister Werner Schnappauf. "Schon wieder ist eine groß angelegte Betrügerei in der Fleischbranche nicht durch die Arbeit der Kontrollbehörden ans Tageslicht gekommen, sondern nur, weil ein aufmerksamer Zeuge verdächtige Beobachtungen gemeldet hat", sagte der Fraktionsvorsitzende Sepp Dürr.

Neue Fragen an Schnappauf

Schnappauf müsse sich erneut der Frage stellen, warum die kriminellen Geschäfte in Wertingen seinen offiziellen Kontrollbehörden durch die Lappen gegangen seien. "Schon 2005, als Bayern vom ersten Skandal mit Schlachtabfällen aus Deggendorf erschüttert wurde, hat der Verbraucherminister schließlich schärfere Kontrollen angekündigt", erinnert Dürr. Doch offensichtlich sei es Fleischpanschern immer noch ein Leichtes, unter den Augen von Schnappaufs Kontrolleuren ihre ekelerregenden Geschäfte voranzutreiben. Das zeige sich schon daran, dass der "K 3-Betrüger aus Wertingen" ja kein 'Altfall' sei, so Dürr.

Und auch aus Berlin kommen die ersten kritischen Töne. So wirft der FDP-Landwirtschaftsexperte Hans-Michael Goldmann Bundesverbraucherminister Horst Seehofer und seinem bayerischen Kollegen Schnappauf Versäumnisse vor. "Es ist unverständlich, dass die verantwortlichen Minister Schnappauf und Seehofer ihre Versprechen zur Kennzeichnung von K-3-Material immer noch nicht eingelöst und möglicherweise so eine bekannte Schwachstelle offen gelassen haben", kritisierte der Bundestagsabgeordnete.

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