Vandalismus an Skulpturen:"Sie hinterlassen Mofaspuren"

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Bildhauer Hingerl hat in der Nähe von Regensburg 17 Skulpturen aufgestellt. Die Kunstwerke werden immer wieder beschädigt, dennoch will der Künstler keine Anzeige erstatten - und repariert selbst.

Rudolf Neumaier

Ernst Hingerl, 62, aus Pettenreuth bei Regensburg hat entlang dem Radweg zwischen Wenzenbach und Lambertsneukirchen 17 Skulpturen aufgestellt. Einige dieser Kunstwerke werden immer wieder beschädigt. Hingerl hat mitgezählt: In den vergangenen drei Jahren verzeichnete er 35 Vorfälle. Anzeige hat er noch nie erstattet. Stattdessen repariert er die zerstörten Skulpturen jedes Mal aufs Neue.

Ernst Hingerl: Kopfgeld statt Polizei. (Foto: Foto: oh)

SZ: Warum sind Sie noch nicht zur Polizei gegangen?

Hingerl: Was soll denn das bringen? Ich überlege mir vielmehr, ein Kopfgeld auszusetzen.

SZ: Wie hoch?

Hingerl: Naja, vielleicht tausend Euro. Müsste ich mir halt ausleihen. Aber das wäre es mir wert, denn ich will die Leute, die das tun, unbedingt kennenlernen. Ich will erfahren, wie sie denken.

SZ: Wen vermuten Sie dahinter?

Hingerl: Das sind gelangweilte junge Leute, eindeutig. Sie hinterlassen Mofaspuren. Und Bierflaschen. Außerdem gibt es in Lambertsneukirchen eine Bauerndiskothek, von der aus viele Jugendliche nachts zu Fuß heimgehen, wenn sie besoffen sind. Dann reißen sie immer wieder mal eine Skulptur um.

SZ: Und Sie stellen Ihre Kunstwerke dann wieder mühevoll auf. Sie müssen sich wie Sisyphos vorkommen.

Hingerl: Ich habe einen Wahlspruch, von Karl Valentin. Der heißt: Kunst ist schön, macht aber auch viel Arbeit. Anfangs war ich erbost über die Zerstörungen, heute blockiert es mich nicht mehr. Ich bin glücklich, dass ich Kunst machen darf. Ich wäre nur interessiert an diesen Leuten.

SZ: Und wenn Sie sie zu fassen bekämen, was würden Sie mit denen machen?

Hingerl: Nichts. Ich würde ihnen Angst einjagen und sie wieder laufen lassen.

SZ: Angst einjagen?

Hingerl: Naja, ich würde ihnen androhen, sie auf meinen blauen Riesenstuhl zu setzen, den sie sehr häufig beschädigen, und ihnen die Haare zu schneiden, damit jeder erkennt: Wer so eine Frisur hat, gehört zu den Hingerl-Zerstörern.

SZ: Gottseidank würden Sie es bei der Androhung belassen. Wollen Sie weitere Skulpturen am Radweg aufstellen?

Hingerl: Für zwei Arbeiten schweben mir Konzepte vor. Zum Beispiel will ich Ballettbeinchen machen, die Can-Can tanzen. Wer weiß, vielleicht spricht das die Jugendlichen an. Ich will die Skulptur aus Metall formen. Dadurch wird es für die Randalierer auf jeden Fall wesentlich schwieriger, sie kaputtzumachen.

© SZ vom 23.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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