Umfrage-Affäre:Spöttischer Brief an den Rechnungshof

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Der Rechnungshof hatte die umstrittenen Umfragen der Landesregierung gegeißelt. Jetzt wehrt sich die Staatskanzlei mit einem 24-Seiten-Schreiben. Die Botschaft ist eindeutig.

Die umstrittenen Meinungsumfragen der bayerischen Staatsregierung hatte nicht nur die FDP, den Koalitionspartner der CSU, erzürnt - sondern auch den Bayerischen Obersten Rechnunshof (ORH). Dieser hatte Zweifel an der Vereinbarkeit der Umfragen mit dem Haushaltsrecht geltend gemacht und eine Prüfung angeregt, "ob eine anteilsentsprechende Beteiligung der CSU an den bisher entstandenen Kosten" zu realisieren sei.

Die Staatskanzlei wehrt sich gegen die Vorwürfe des Bayerischen Rechnungshofs. (Foto: ddp)

Nun hat die Staatsregierung reagiert - und sich mit einem Schreiben an den ORH gewehrt. Darin wird eine nachträgliche Beteiligung der CSU an den Umfrage- Kosten strikt abgelehnt. "Eine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch gegenüber jemanden, der eine Leistung nicht bestellt, nicht beeinflusst und nicht verwertet hat, ist hier nicht bekannt", heißt es mit leicht spöttischem Unterton am Ende des von Ministerialdirektorin Karolina Gernbauer unterzeichneten Schreibens, das 24 Seiten lang ist.

Bereits seit Wochen schwelt der Streit um die teilweise CSU-orientierten Umfragen der Staatskanzlei. In diesen sogenannten Resonanzstudien waren sogar Empfehlungen enthalten, wie sich die CSU von der FDP abgrenze könne. SPD und Grüne im bayerischen Landtag werfen der CSU vor, sie habe sich - auf dem Umweg über die Staatskanzlei - parteistrategische Hinweise auf Kosten des Steuerzahlers geben lassen. Die Staatskanzlei hatte dagegen wiederholt erklärt, solche Resonanzstudien seien üblich und würden nicht nur von der Staatskanzlei in Auftrag gegeben, sondern ebenso im Bund und sogar vom rot-grün regierten Münchner Rathaus.

Der Rechnungshof hatte auch ein dickes Fragezeichen hinter die Vergabe-Praxis gemacht, weil stets die Firma GMS mit den Umfragen beauftragt wurde, ohne dass eine Ausschreibung stattfand oder weitere Angebote eingeholt wurden. Die Regierungszentrale von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) machte in ihrer Stellungnahme an den ORH deutlich, dass sie bei den Umfrage-Aufträgen keine Verstöße gegen rechtliche Vorgaben erkennen könne. Nach Auffassung der Staatskanzlei sei eine "freihändige Vergabe" der Umfrage-Aufträge ohne Ausschreibung zulässig.

Streit um die Sonntagsfrage

Zum Vorschlag einer Kostenbeteiligung der CSU warf die Staatskanzlei dem ORH am Freitag indirekt politische Motive für diesen Vorstoß vor: Dem Rechnungshof könne es "bei diesem Vorschlag auch augenscheinlich nicht um rechtliche Überlegungen gehen", hieß es in der Pressemitteilung der Staatskanzlei zu deren Schreiben an den ORH.

Entgegen der ORH-Auffassung hält es die Staatskanzlei auch für zulässig, dass bei den Umfragen die sogenannte Sonntagsfrage gestellt wurde - also die Frage danach, wen die Befragten im Fall einer Landtagswahl am kommenden Sonntag wählen würden. Diese Sonntagsfrage sei "im Zusammenhang mit Fragen zur Einstellung der Bevölkerung zu bestimmten Sachfragen und Politikfeldern für die politische Planung, die zu den staatsleitenden Aufgaben der Regierung gehört, relevant", heißt es dazu in der Stellungnahme an den ORH.

Nach Auffassung des Göttinger Staatsrechtlers Christian Starck war die Sonntagsfrage dagegen nicht zulässig. "Die Frage nach den Wahlabsichten der Bürger ist eine reine Parteiangelegenheit. Eine Regierung kann ein Umfrageinstitut nur dann mit der sogenannten Sonntagsfrage beauftragen, wenn sie sicherstellt, dass dies die Partei bezahlt", hatte Starck vor kurzem der Bayerischen Staatszeitung gesagt. Aus dem Staatshaushalt dürfe das jedenfalls nicht finanziert werden. "Denn das wäre eine unzulässige verdeckte Parteienfinanzierung."

Aus dem ORH-Schreiben vom Oktober geht hervor, dass die Staatskanzlei für ihre Aufträge an die GMS Dr. Jung Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung (GMS) von Anfang 2000 bis Oktober 2007 insgesamt rund 558.000 Euro bezahlt hat. Mit Spannung wird nun das abschließende Votum des Rechnungshofs erwartet.

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