Übergriffe der Polizei in Rosenheim:Herrmann setzt auf Sonderermittler

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Ein Polizist soll einen 15-Jährigen beim Rosenheimer Volksfest krankenhausreif geschlagen haben. Künftig will Innenminister Herrmann mit zwei Spezialteams in Bayern Vorwürfe gegen Beamte untersuchen. Doch seine großspurige Ankündigung von mehr Manpower könnte die internen Ermittler in München hart treffen.

Frank Müller und Susi Wimmer

München - Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will Konsequenzen aus den polizeilichen Übergriffen von Rosenheim ziehen: Er kündigte am Dienstag an, zwei Sonderdienststellen in Bayern schaffen zu wollen, die sich mit Übergriffen von Polizeibeamten beschäftigen werden. Zu dem bereits bestehenden Kommissariat der internen Ermittler in München wolle er noch eine neue Einheit in Nürnberg gründen. Die beiden Kommissariate sollen dann für Süd- und Nordbayern zuständig sein.

Die Ermittlerteams sollen Anlaufstelle für Bürger sein, aber auch bei internen Konflikten ermitteln, sagte Herrmann. Der Minister nannte als Beispiele Korruptionsermittlungen oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Die Ermittler sollten dabei auch schon im Vorfeld Probleme entschärfen, so Herrmann, etwa dadurch, dass sie anonymen Hinweisen und Beschwerden nachgehen. Dabei sei aber "Fingerspitzengefühl" gefragt, so der Innenminister - intern, aber auch im Umgang mit den Bürgern. Herrmann machte klar, dass er auch mit ungerechtfertigten Angriffen auf die Polizei rechnet. Die Beamten müssten also die Spreu vom Weizen trennen.

Die Vorfälle von Rosenheim brachten den Stein ins Rollen: Der Leiter der Inspektion, ein 49-jähriger Polizeidirektor, steht in dringendem Verdacht, einen 15-Jährigen beim Rosenheimer Volksfest krankenhausreif geschlagen zu haben. Auch andere Übergriffe des Mannes kamen ans Tageslicht, schließlich ließ Herrmann den Dienststellenleiter Ende September ablösen, die Ermittlungen gegen den Polizeidirektor dauern an.

Ein Fall, den die Beamten des Kriminalfachdezernats 11 am Polizeipräsidium München bearbeiten. Ausnahmsweise. Denn eigentlich sind die internen Ermittler - zwei Dienststellenleiter, sieben Sachbearbeiter - mit jährlich gut 1200 zu bearbeitenden Anzeigen gut eingedeckt. Und die Tendenz der angezeigten Übergriffe geht stetig nach oben. Ein Großteil dieser Anzeigen wird zwar eingestellt, der Arbeitsaufwand allerdings bleibt. Lediglich wenn das Landeskriminalamt in größeren Fällen an sie herantritt oder etwa die Staatsanwaltschaft in Rosenheim um Übernahme bittet, dann werden sie auch über die Grenzen des Polizeipräsidiums München hinaus aktiv.

Herrmanns großspurige Ankündigung von mehr Manpower könnte die internen Ermittler in München allerdings hart treffen: Sie sind bislang hauptsächlich nur für Vorfälle im Bereich des Polizeipräsidiums München zuständig, künftig sollen die sieben Sachbearbeiter ganz Südbayern betreuen. "Mit der bestehenden Mannschaft ist das nicht zu schaffen", sagt ein Insider der SZ. Ob deren Anzahl aufgestockt wird, scheint noch nicht ganz klar zu sein. Der Minister nannte eine Zahl von zehn bis 15 Mitarbeitern als Zielgröße. Das noch zu schaffende Nürnberger Pendant soll eine ähnliche Personalstärke aufweisen und künftig für den ganzen Norden Bayerns zuständig sein, kündigte Herrmann an.

Die internen Ermittler werden auch gezielt von ihren Kollegen abgeschottet. In München sitzen sie weit weg vom Präsidium in der Fußgängerzone in einem anderen Gebäude am Hauptbahnhof. Für manchen Polizisten gelten sie als "Nestbeschmutzer", Herrmann aber sagt, dass sie gerade durch ihre Arbeit "viele Vorwürfe gegen Polizeibeamte entkräften" und sie somit schützen würden. Wenn die Polizei an ihrem guten Ruf arbeite, dann nütze dies auch der übergroßen Mehrzahl unbescholtener Beamter.

Bislang von dem Münchner Kommissariat bearbeitete Fälle von Anzeigen gegen Polizisten bei Festnahmen oder Kontrollen reichen bis zu Straftaten, die ein Polizist nach Dienstschluss im Privatbereich verübte. Auf der Dienststelle sagten die Wiesn-Schläger aus, die 1998 auf dem Oktoberfest Besucher schwer misshandelt hatten - oder auch die Beamten, die von "Kaiser" Franz Beckenbauer die Strafzettel verschwinden ließen.

© SZ vom 07.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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