SZ-Interview mit Günther Beckstein:"Das Problem wurde jahrelang verschleppt"

Lesezeit: 2 min

Bayerns Innenminister will Rechtsextreme in der Regensburger CSU nicht länger dulden - und übt scharfe Kritik an seinen Parteifreunden.

Annette Ramelsberger

Seit Wochen schon tobt in Regensburg der parteiinterne Kampf, wie man es mit rechtsradikalen Strömungen innerhalb der CSU hält. Bisher zögert die Partei mit klaren Entscheidungen. Nun setzt sich Innenminister Günther Beckstein für eine klare Trennung von den Parteimitgliedern ein, die Rechtsextremen nahe stehen.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (Foto: Foto: ddp)

SZ: Als Innenminister warnen Sie immer wieder vor der NPD, vor Rechtsextremisten, die mehr Einfluss gewinnen. Gleichzeitig nennen CSU-Funktionäre in Regensburg dunkelhäutige junge Frauen "Negerfotze" und haben im Partykeller die Reichskriegsflagge hängen. Hat das NPD-Gedankengut nicht schon längst die CSU erobert?

Günther Beckstein: Natürlich nicht. In Regensburg gibt es allerdings ein Problem. Und da sage ich sehr deutlich: Ich scheue keinerlei Auseinandersetzung mit Extremisten. Und ich lasse nicht den leisesten Zweifel aufkommen, dass wir so etwas nicht bei uns dulden.

SZ: Aber es wurde doch geduldet - offenbar jahrelang.

Beckstein: Das Problem von Regensburg wurde jahrelang verschleppt. Diplomatisch gesagt, ist das suboptimal gelaufen. Gegen solche Auswüchse hätte man sofort einschreiten müssen. Aber offenbar regte sich keiner wirklich auf. Die Ereignisse, die jetzt durch eidesstattliche Versicherungen belegt werden, reichen bis ins Jahr 1993 zurück. Vor so etwas kann man doch nicht so lange die Augen verschließen.

SZ: Nun stehen die Listenaufstellungen für die Kommunalwahl im nächsten Jahr an. Kann es sich die CSU leisten, mit Leuten anzutreten, die von NPD-Parteigängern kaum zu unterscheiden sind?

Beckstein: Für mich ist ganz klar: Jemand, der eine junge Frau derart abschätzig tituliert - und wenn er noch so betrunken ist -, kann kein Delegierter für die CSU sein. Das muss nun schnellstens geklärt werden, und zwar vor Aufstellung der Listen. Erwin Huber hat bereits ernste Gespräche mit dem Bezirksverband Oberpfalz geführt. Da muss sich jetzt schnell was tun.

SZ: Wo verläuft für Sie die Grenze zwischen rechtskonservativ und rechtsextremistisch? Muss man seine Mails erst mit "Heil Hitler" und dem Kürzel von Reichsjugendführer Baldur von Schirach unterschreiben, der für die Deportation Hunderttausender von Juden verantwortlich war? Das sind alles Vorfälle, die in Regensburg von Parteimitgliedern bezeugt werden.

Beckstein: Wer andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder Religion in den Schmutz zieht, der hat in der CSU nichts zu suchen. Und bei Mandatsträgern bin ich äußerst streng: Wer da auch nur in die Nähe des Extremismus geht, kann bei uns kein Mandat bekleiden.

SZ: Es könnte in Regensburg zur Spaltung der CSU kommen, weil die Herren vom rechten Rand eine starke Unterstützergemeinde haben.

Beckstein: Wir müssen den Mut haben, lieber auf ein paar Leute zu verzichten, als solch zwielichtige Typen in unseren Reihen zu haben. Das ist sich die CSU selbst schuldig.

© SZ vom 12.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: