Streit bei Kommunalwahl:Das Kreuz mit dem Kreuzchen

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Ein verwirrend ausgefüllter Stimmzettel sorgt im unterfränkischen Bergtheim für tiefen Zwist. Womöglich muss das Los entscheiden, wer neuer Bürgermeister wird.

Olaf Przybilla

Am Dienstag wurde es Günther Schlier zu blöd. In der Nacht war ein Stein an seinen Rollladen gekracht. Und nachdem über Ostern permanent Pamphlete in seinem Briefkasten gelandet waren, auf denen das Wort "Wahlbetrüger" noch eines der freundlicheren war, erstattete der geschäftsführende Beamte und Wahlleiter von Bergtheim Anzeige gegen unbekannt.

Der Bergtheimer Wahlleiter Günther Schlier hat momentan viel Ärger (Foto: Foto: Joachim Fildhaut)

Die Gemeinde im Landkreis Würzburg zählt 4500 Einwohner, die Wahl des Ortsoberhauptes war in der Vergangenheit kein großer Aufreger - was auch daran gelegen haben mag, dass Bergtheim bislang von ehrenamtlichen Bürgermeistern geführt wurde. Das soll sich nun ändern, künftig wird ein hauptamtlicher Rathauschef richtig Geld verdienen. Wer dies allerdings sein wird, ist nach der Stichwahl offener denn je.

In Frage kommen nach wie vor zwei Bewerber: Der eine, Konrad Schlier von der CSU, hat am Stichwahltag 898 Stimmen bekommen. Der andere, Robert Kremling von der Freien Christlichen Wählergemeinschaft, soll exakt einen Wähler mehr von sich überzeugt haben. Kremling wurde daraufhin zum Sieger erklärt, der Wahlleiter aber ließ sich noch einmal alle Stimmzettel vorlegen und fischte dabei einen zweifelhaften heraus. "Ich kann nicht erkennen", sagt Schlier, "was der Wähler mit diesem Stimmzettel sagen wollte."

Auf dem Zettel ist der Kreis vor dem Namen des parteilosen Bewerbers durchkreuzt. Im Kreis vor dem CSU-Bewerber indes finden sich laut Schlier "ebenfalls deutliche Spuren einer Kennzeichnung": Das Feld ist mit einem einfachen Strich von links unten nach rechts oben durchzogen. Es könnte also sein, sagt Schlier, dass der Wähler nach diesem ersten Strich erst gemerkt habe, dass er eigentlich einen anderen wählen wollte. Genauso gut könnte es sein, dass beide Bewerber gewählt wurden - und der Zettel damit ungültig ist. Schließlich verlange das Wahlgesetz nicht nach einem Kreuz, sondern lediglich nach einer "eindeutigen Kennzeichnung".

Komplizierte Beziehungen

Seit der Intervention des Beamten streitet die Gemeinde über die komplizierte Beziehung, die Schlier zu dem CSU-Bewerber gleichen Namens pflegt. Das böse fränkische Wort "Vetterleswirtschaft" macht die Runde, weil der Vater Konrad Schliers ein Bruder des Ehemanns von Günther Schliers Mutter ist. Mittlerweile sieht sich der Beamte sogar gezwungen, öffentlich zu betonen, er sei "nicht-ehelich gezeugt" worden - eine Vetternbeziehung im juristischen Sinne existiere damit nicht.

Dessen ungeachtet hat die Rechtsaufsicht den Zettel mittlerweile geprüft. Sie empfiehlt, der Bergtheimer Wahlausschuss möge ihn nachträglich für ungültig erklären. Der Ausschuss tagte am Mittwochabend, vorab hatten sich drei von fünf Mitgliedern dafür ausgesprochen, den Zettel für ungültig zu erklären. In Bergtheim käme es dann zum Losentscheid.

© SZ vom 27.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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