Streichungs des Büchergelds:Beckstein und der Betriebsunfall in Banz

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Bayerns designierter Regierungschef Beckstein hat entschieden, das umstrittene Büchergeld abzuschaffen. Die Information sickerte ausgerechnet bei der CSU-Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz durch - ein beachtlicher Vorgang.

Katja Auer und Christine Burtscheidt

Der künftige Ministerpräsident Günther Beckstein hat seine erste Entscheidung noch vor Amtsantritt getroffen: Das umstrittene Büchergeld soll abgeschafft werden. Dass dies ausgerechnet am Dienstag bei der CSU-Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz bekannt wurde, ist bemerkenswert.

Zum einen, weil am selben Ort Ministerpräsident Edmund Stoiber 2004 die Lernmittelfreiheit für seine eigenen Parteifreunde überraschend für abgeschafft erklärt hatte. Und zum anderen, weil diese Parallele zwar auffällig, aber ungewollt war. Einen "Betriebsunfall" nannte ein führendes Fraktionsmitglied das vorzeitige Bekanntwerden des Plans, das Büchergeld wieder abzuschaffen.

"Das war so nicht geplant", bestätigte auch Beckstein am Mittwoch in Banz. Zwar sei die Abschaffung im nächsten Jahr das Ziel, weshalb nun auch Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt werden müssten. Doch zum jetzigen Zeitpunkt habe er das noch nicht kundtun wollen. Schließlich habe er damit sein sich selbst gegebenes Versprechen gebrochen, noch nicht über Vorhaben für die Zeit nach seinem Regierungsantritt zu sprechen.

Schneiders Handschrift

Es war eine etwas merkwürdige Genese, die das Thema Büchergeld am Dienstag in Banz durchlebte. Als eine Zeitung die geplante Abschaffung am Morgen verkündete, wollte zunächst niemand derartige Pläne bestätigen. Allerdings habe Beckstein auch nicht wirklich dementieren wollen, heißt es.

Die Verwirrung wurde von Kultusminister Siegfried Schneider perfekt gemacht, der zunächst von einer Abschaffung des Büchergelds nichts wissen wollte. Gerhard Wägemann, Mitglied im Bildungsarbeitskreis der Fraktion, schien dagegen wenig überrascht. Schon früh habe sein Arbeitskreis die Meinung vertreten, dass man das Büchergeld entweder abschaffen oder seinen Verwendungszweck ausweiten müsse.

Am frühen Abend kam schließlich die Auflösung: CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann verlas eine handschriftliche Erklärung von Minister Schneider, wonach die Abschaffung "wünschenswert" sei. Darauf hatten sich Herrmann, Beckstein und Schneider kurz zuvor geeinigt. Man habe das Thema auffangen wollen, hieß es später.

Und was sagt Edmund Stoiber? Es war geunkt worden, der Regierungschef sei verärgert über die Alleingänge Becksteins und der Fraktion. Allerdings trat Stoiber am Mittwochmittag in Banz recht entspannt auf: "In den Entscheidungsprozess der neuen Regierung Beckstein möchte ich mich nun wirklich nicht einmischen", sagte er. Stattdessen trat er vor die Fraktion und hielt ein versöhnliches Abschiedsreferat mit einigen grundsätzlichen Gedanken zur Zukunft Bayerns - aber kein Wort zum Büchergeld.

Positiv reagierten auf die Nachricht aus Banz die kommunalen Spitzenverbände. "Ich freue mich, dass wir beim Büchergeld jetzt auf dem richtigen Weg sind", sagte Hans Schaidinger, der Vorsitzende des bayerischen Städtetags. Der Regensburger Oberbürgermeister war von Beginn an ein scharfer Kritiker des Büchergelds gewesen. Weniger aus sozialpolitischen Gründen - "das war nun weiß Gott nicht die himmelschreiende Ungerechtigkeit", betonte Schaidinger. Grund sei vielmehr die überbordende Bürokratie gewesen, die die Staatsregierung den Kommunen aufgebürdet habe.

"Bürokratisches Unding"

So sammelten zwar die Schulen das Geld ein, müssten es jedoch an die Kommunen weiterleiten, die es verwalten, Mahnbescheide verschicken und die Bücher kaufen. "Ein Riesenaufwand für die paar Euro", klagte Schaidinger. Positiv reagierte auch der Gemeindetag: "Wir begrüßen prinzipiell, dass das bürokratische Unding abgeschafft wird", hieß es.

Die kommunalen Spitzenverbände erwarten nun, dass Kultusminister Siegfried Schneider umgehend zu Verhandlungen einlädt. Denn jetzt muss geklärt werden, wer künftig die Lernmittel finanziert, wenn die Eltern nicht mehr zur Kasse gebeten werden. Vor der Einführung des Büchergelds trug das Land zwei Drittel der Kosten, die Kommunen übernahmen den Rest.

Dass nach diesem Modell in Zukunft wieder verfahren wird, ist eher fraglich. Schaidinger kündigte an, die Städte wollten weiterhin einen Beitrag leisten. Der Gemeindetag machte jedoch unter Hinweis auf das Konnexitätsprinzip klar, dass seine Mitglieder nicht mehr bereit seien, ein Drittel der Kosten zu übernehmen. Das Konnexitätsprinzip besagt, dass "wer anschafft, auch zahlt".

"Das Büchergeld war von Anfang an eine krasse Fehlentscheidung der CSU", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Maget. "Es gehört endgültig abgeschafft - und zwar sofort." Er könne Eltern nur raten, es jetzt nicht mehr zu zahlen. Ähnlich argumentierten die Grünen: "Es muss Schluss sein mit der Bildungspolitik nach Kassenlage."

© SZ vom 20.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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