Straßgiech:Wirtin für zwei Tage

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Ingrid Winklmann hat den Glanzersmichl erst restauriert und dann eine Wirtschaft eröffnet. Da kocht sie selbst. (Foto: Matthias Hoch)

Kunsthistorikerin Ingrid Winklmann führt ein ungewöhnliches Gasthaus

Von Katja Auer, Straßgiech

Ein Schwarzwurzelsüppchen soll es am Freitagabend geben, danach Quarknocken mit Kraut und zum Nachtisch ein Blaukrautparfait mit weißer Schokoladenmousse und Walnusskrokant. Ein Menü, fertig. Kein Schäuferla und keine Bratwürste, das bieten schließlich genug Gasthäuser in Oberfranken an. "Ich wollte nicht die hundertste Schnitzelwirtschaft aufmachen", sagt Ingrid Winklmann. Also hat sie den Glanzersmichl im Scheßlitzer Ortsteil Straßgiech eröffnet.

Ein paar Nachbarn haben sie wahrscheinlich für verrückt erklärt, diese Auswärtige aus der Oberpfalz, weil sie den Bauernhof unbedingt wieder herrichten wollte. Aber das war Ingrid Winklmann egal, als sie das Anwesen mitten im Dorf kaufte, das jahrelang keiner haben wollte. Einmal ein altes Haus so richtig schön machen, davon hatte sie schon länger geträumt. "Wie man sich das sonst von den Bauherren wünscht", sagt sie. Die Frau kennt sich aus, sie ist Restauratorin und Bauforscherin, deswegen schreckte sie weder der Denkmalschutz ab noch der schlechte Zustand des Fachwerkbaus aus dem 18. Jahrhundert. Sie machte sich ans Werk, sammelte alte Türen aus Abbruchhäusern, bestellte mundgeblasenes Glas für die bleigefassten Fenster. Im Gastraum sind die Wände mit Schablonenmalerei verziert, wie sie früher die guten Stuben schmückte.

Dass aus dem Haus eine Gaststätte werden könnte, war zuerst nur eine "spinnerte Idee", erzählt Ingrid Winklmann. Aber dann hat sie es doch gemacht. Der Name war schnell gefunden, benannt ist das Haus nach seinem Vorbesitzer Michael Morgenroth, der sich gerne ein Feierabendbier einschenkte, was ihm eine glänzende Gesichtsfarbe und den passenden Hausnamen dazu einbrachte. Und so wird am Wochenende aus der Kunsthistorikerin eine Wirtin, dann stellt sie sich in die kleine Küche und entwirft kreative Menüs. Das kann ein Bauerngöger in Silvanersoße sein, Kalbs-Ossobuco mit Quitten oder Skreifilet auf Kartoffel-Sellerie-Püree mit Lorbeer-Vanille-Öl. Kochen hat die 45-Jährige nie gelernt, sie kann es einfach. Zwar hätte mancher Gast gerne mal ein Fleischpflanzerl, erzählt sie, aber die meisten lassen sich doch auf ihre Rezepte ein. "Oft gehe ich zum Gärtner und schaue, was er so hat", sagt sie. Winklmann kocht gerne mit regionalen Zutaten, aber wenn sie mal Lust auf Jakobsmuscheln hat, dann gibt es eben die. Nur 30 Plätze hat der Gastraum, drum sollte reservieren, wer kommen möchte. Offen ist am Freitag und Sonntag, jeden 1. und 3. Sonntag im Monat gibt es mittags ihren ausgezeichneten Schweinsbraten mit Klöß und einen weiteren Braten. Und im Sommer im Biergarten auch noch Brotzeit.

Vier Jahre sind es bald, dass sie zwei Berufe hat und nur einen freien Tag in der Woche, aber das bereut Winklmann nicht. Zumal ihr der Glanzersmichl schon sehr nette Begegnungen beschert hat. Die mit ihrem Mann zum Beispiel. Der kam als Gast und prellte die Zeche. Versehentlich. Dann ist er zurückgekommen.

Menü und Reservierung im Internet unter www.glanzersmichl.de

© SZ vom 23.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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