Stimmkreis München-Land Süd:Mit Disziplin zum nächsten Ziel

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Florian Ernstberger will für die Freien Wähler ins Maximilianeum. Bürgermeister war er schon mal - für neun Monate.

Christiane Bracht

Was macht Florian Ernstberger eigentlich, wenn er keinen Wahlkampf führt? Seit eineinhalb Jahren ist der Gräfelfinger nun schon ununterbrochen auf Stimmenfang. Erst kandidierte der Freie Wähler für den Posten des Landrats, jetzt - nachdem er den Sprung in Kreistag und Gemeinderat geschafft hat - will er auch noch ins Maximilianeum.

Florian Ernstberger findet: "Zur Politik gehört Mut". (Foto: Foto: Claus Schunk)

"Das erfordert viel Disziplin", sagt er. Ständig muss er in Kameras lächeln, Interviews geben, Reden schwingen, auf Podiumsdiskussionen brillieren und Fragen beantworten in Ottobrunn, Aying oder Pullach - jeden Tag ein anderer Termin.

"Politik ist Arbeit", sagt er. "Andere trainieren für die Deutsche Meisterschaft und verbringen manch bittere Stunde auf dem Sportplatz. Das gehört zum Erfolg dazu." Wie kräftezehrend und anstrengend der Dauerwahlkampf ist, den Ernstberger auch noch selbst organisieren muss, sieht man ihm inzwischen im Gesicht an. Aber der 48-Jährige beteuert dennoch: "Ich bin gut drauf. Carpe diem." Das Kämpfen macht ihm sogar Spaß, sagt er.

"Ich will Politik machen, die Menschen verstehen und nachvollziehen können", erklärt Ernstberger auf die Frage, warum er in den Landtag will. "Kommunizieren ist einer meiner Lebensgrundsätze. Die Leute sollen nicht mehr sagen, die da oben machen doch eh, was sie wollen." Auf seinen vielen Touren durch den Landkreis hat Ernstberger diesen Satz in unzähligen Gesprächen mit Bürgern oft gehört.

Anwalt der Bürger

Manche blockten sogar von vorneherein jeden Kontakt ab. "Dieses Desinteresse der Bürger ist schade." Ermüdend und demotivierend sei es sogar, gibt er zu. Aber abgeschreckt hat es den 48-Jährigen bislang nicht. "Disziplin gehört eben dazu", sagt er. Als Jurist habe er die nötige Sachkenntnis, um die Bürger aufzuklären, wirbt Ernstberger für sich.

Beispielsweise beim Thema Sonderflughafen Oberpfaffenhofen, habe er den Leuten immer wieder erklärt, welche Bedeutung das Landesentwicklungsprogramm hat und welche die Genehmigung der Regierung, die den Flugbetrieb erweitert. Akribisch habe er die langen juristischen Begründungen und Erläuterungen durchgearbeitet, aber nicht nur, um sein Wissen an die Wähler weiterzugeben, sondern vor allem, um mit seinen Anträgen etwas zu bewirken.

So habe er den Landkreis wachgerüttelt, sagt er stolz. Obwohl dem Rechtsanwalt klar ist, dass die Chancen, eine Klage zu gewinnen, nicht besonders hoch sind, hat er sich dafür eingesetzt. "Zur Politik gehört Mut", erklärt er. Denn mit einer Klage setze man ein Zeichen. "Wenn man das nicht tut, hat man nichts mehr zu sagen."

Lärm- und Gesundheitsschutz - dazu zählt übrigens auch die Verhinderung eines Autobahnsüdrings - sind aber nicht Ernstbergers einzige Anliegen, für die er sich im Landtag engagieren will. Auch Bildungspolitik ist ihm wichtig und die Förderung des Tourismus in Bayern. Zudem will der Gräfelfinger für soziales Verständnis werben. "Die Reichen sollen Rücksicht auf die weniger Bemittelten nehmen", fordert er.

Über seine Chancen, einen Sitz im Landtag zu bekommen, denke er nicht nach, sagt Ernstberger. "Das liegt in der Zukunft, aber ich tue alles dafür." Nur Hausbesuche macht er nicht und seine politischen Gegner diffamieren, dazu lässt er sich auch nicht hinreißen. Er will lieber mit sachlichen Argumenten bei den Wählern punkten. "Ich gehe meinen Weg", sagt er selbstbewusst.

Neun Monate Bürgermeister

Dabei war dieser Weg keineswegs gradlinig, sondern "steinig". Vor sechs Jahren wollte der 48-Jährige schon einmal eine politische Karriere beginnen. Damals kandidierte er für das Amt des Bürgermeisters in Gräfelfing. Gerade mal neun Monate bestimmte er die Geschicke der Würmtalgemeinde, dann ordnete das Gericht eine neue Stichwahl an, in der er Christoph Göbel unterlag.

Ein harter Schlag für den engagierten Parteifreien, denn sein Gemeinderatsmandat hatte er da schon ausgeschlagen. Die politische Karriere war vorerst beendet. "Damals habe ich schon daran gedacht aufzugeben", gibt der Kandidat zu. Doch dann überlegte er es sich anders und engagierte sich als stellvertretender Kreisvorsitzender der Freien Wähler.

Nach diesem einschneidenden Erlebnis ist Ernstberger nun umso erfreuter, dass es ihm gelungen ist, die Wähler im Landratswahlkampf von seinen Qualitäten zu überzeugen. Doch die damalige Situation hat Spuren hinterlassen. Peinlich genau achtet er darauf, möglichst positiv klingende Worte zu verwenden.

So ist der Dauerwahlkampf für ihn nicht anstrengend, sondern "extrem ausfüllend". Seine Mandate in Kreistag und Gemeinderat will Ernstberger übrigens nicht aufgeben, wenn er im Landtagswahlkampf erfolgreich sein sollte. "Das ist nicht meine Art, mich zu verabschieden. Das fände ich unfair", sagt er. Selbst als Präsident des Sportvereins DJK Würmtal will er künftig weitermachen. Seine Gräfelfinger Rechtsanwaltskanzlei könnte dann ein Anlaufpunkt für Bürger werden, die etwas auf dem Herzen haben, stellt er sich vor.

"Eine Stichwahl bringt mich nicht mehr aus dem Gleichgewicht. Ich habe gelernt, die Nerven zu bewahren", sagt Ernstberger. Aber ein wenig Angst, dass die Zeit bis zum 28. September knapp wird, hat er dennoch. Dass die Freien Wähler kein Parteiprogramm haben, an dem sich die Bürger orientieren können, sieht der Gräfelfinger jedenfalls nicht als Nachteil. "Was hilft es, wenn man eines hat und es nicht einhält", sagt er kämpferisch.

Die Freien Wähler hätten aber politische Leitlinien. Im übrigen sei es eine Persönlichkeitswahl: Und er sei im Landkreis bekannt. Der vorangegangene Kommunalwahlkampf helfe ihm insoweit - schon weil er die Probleme der Gemeinden im Stimmkreis kenne und deshalb fundierte Antworten geben könne. "Nichts überzeugt mehr als Sachkenntnis", betont der Kandidat noch einmal.

Überzeugt ist Ernstberger auch von seinen Qualitäten als Redner: "Ich kann Themen kurz und prägnant auf den Punkt bringen und gut reden", sagt er. Im Würmtal ist er weithin bekannt als Krüglredner und Autor der "Gräfelfinger Gelegenheitsschreiber".

Es wäre sehr gut, wenn die Freien Wähler den Sprung in den Landtag schafften, sagt der 48-Jährige. Dann müssten sie sich nicht bei jeder Wahl neu definieren und hätten eine größere Medienpräsenz. Dies sei für ihn Ansporn genug, unbedingt erfolgreich sein zu wollen, erklärt er.

Im Moment habe er nicht den Rückhalt in den Ortsgruppen, den er sich wünschen würde. Und deshalb zieht der stets korrekt gekleidete Gräfelfinger regelmäßig Anzug und Krawatte aus, um in Jeans und Pulli auf seinem Roller durch den Landkreis zu fahren und selbst Postkarten zu verteilen und Plakate zu kleben.

"Ungeschminkt und unkorrigiert" präsentiert er sich auch auf seinem Wahlplakat. Als Mann Bayerns vor Kloster Andechs und der Zugspitze. "Es wird Zeit, die Mehrheitsverhältnisse in Bayern zu ändern und vielfältige Politik zu machen", sagt Ernstberger, der als Vertreter des Würmtals in den Landtag kommen will. Mit dem siebten Listenplatz ist er "zufrieden". "Sieben ist meine Zahl", sagt er. Und hofft, damit sein Ziel zu erreichen.

© SZ vom 09.09.2008/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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