SPD vor der Landtagswahl:Die Promi-Blockade

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SPD-Fraktionschef Franz Maget will in Bayern Wahlkampf machen, doch seine Partei diskutiert nur über die Causa Clement und Schily.

Von Kassian Stroh

Am Dienstag war Franz Maget mit seinem Wahlkampfbus in der Oberpfalz unterwegs, tags zuvor im äußersten Südosten Oberbayerns. Und da habe ihn kein Mensch, versichert der SPD-Spitzenkandidat, auf die Sache Clement angesprochen. Nur die Journalisten. Die dafür umso mehr.

SPD-Fraktionschef Franz Maget will in Bayern Wahlkampf machen - doch alles dreht sich nur um Wolfgang Clement. (Foto: Foto: seyboldpress)

Nein, von der ganzen Aufgeregtheit um den am vergangenen Donnerstag verkündeten Parteiausschluss des früheren Bundesministers und SPD-Vizes Wolfgang Clement will sich Maget seinen Wahlkampf nicht versauen lassen. "Hier in Bayern geht es nicht um Clement", lautet seine Botschaft. Und wenn er gefragt wird, ob das ihm denn nicht trotzdem den Wahlkampf erschwere, seufzt Maget und fragt zurück: "Ja, was soll ich da machen? Ich kann doch diese Begleitmusik nicht einfach abstellen."

Doch in diese Musik hat sich nun auch ein spezifisch bayerischer Missklang geschlichen: Der Landeschef des Parteinachwuchses Jusos, Thomas Asböck, forderte in einem Interview, gleich auch noch den früheren Bundesinnenminister Otto Schily und Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin aus der SPD auszuschließen. Die nannte er "Ekelpakete am rechten SPD-Rand".

Da Schily, der noch immer für die Bayern-SPD im Bundestag sitzt, eine Zeit lang nicht die vorgeschriebenen Abgaben der Abgeordneten an die SPD geleistet habe, trete er "Grundwerte und Parteisatzung der SPD mit Füßen", sagte Asböck. Im Übrigen freue er sich, wenn nun "auch einmal auf der Parteirechten ein Exempel statuiert wird".

Zwar ist die bayerische SPD in ihrer Gesamtheit eher am linken Flügel der Partei zu verorten, aber genau solche Sätze wie die von Asböck will Maget gar nicht hören, denn nichts kann er derzeit weniger brauchen als eine Richtungsdebatte in seiner Partei. "Dummes Zeug" sei das. Bei Clement gehe es allein um die Frage, ob und wie zu ahnden sei, dass er kurz vor der hessischen Landtagswahl im Januar dazu aufgerufen hatte, die SPD nicht zu wählen. Nur um das, nicht um einen Streit zwischen links und rechts.

Das sagen und hoffen neben Maget und SPD-Landeschef Ludwig Stiegler fast alle bayerischen Genossen. "Es ist schwierig, Inhalte zu transportieren, wenn einige in der Partei der Meinung sind, die Debatten der vergangenen Jahre wieder aufzurollen", klagt Landesschatzmeister Thomas Goger.

Für Maget ist Clement ein "Sturschädel"

Sie haben damit ja schon schlechte Erfahrungen gemacht: 2003, bei der letzten Landtagswahl, deren mieses 19,6-Prozent-Ergebnis Maget und viele andere als Produkt der damaligen Agenda-2010-Debatte werten. Clement sei ein "Sturschädel" und habe eine Rüge als "kräftigen Ordnungsruf" verdient, sagte Maget, als er sich am Dienstag erstmals zu der Causa äußerte. Einen Ausschluss lehnte er ab. Denn unterschiedliche Meinungen müsse eine Partei aushalten.

Aus diesem Grund wird auch die Forderung nach Schilys Parteiausschluss in der Bayern-SPD einhellig abgelehnt. "Völlig abwegig" nennt das Adelheid Rupp, stellvertretende Landesvorsitzende, die sich selbst als "inhaltlich extrem weit entfernt" von Schily einordnet.

Auf Asböck prasselt Kritik ein: "Unmöglich und überzogen", sagt Rupp. "Nicht angemessen", meint Maget. "Zur Kenntnis nehmen und abtropfen lassen", rät Stiegler. "Unklug", sagt Nürnbergs SPD-Oberbürgermeister Ulrich Maly.

Und am deutlichsten wird Goger, der bis April Asböcks Vorgänger als Juso-Chef war. Er spricht von einer "Einzelmeinung" und sagt: "Das ist wahrlich nicht der Stil, den ich bisher von den Jusos gewohnt war." Asböck, 28 Jahre alt und Landtagskandidat im Stimmkreis Rottal-Inn, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Dabei zählt Schily in den eigenen Reihen wahrlich nicht zu den beliebtesten Genossen. In seinem Wahlkreis München-Land wurde in den vergangenen Jahren immer wieder die Klage laut, der Abgeordnete lasse sich praktisch nie blicken - auch nicht, nachdem er 2005 aus dem Bundeskabinett ausgeschieden war. Nur eine Handvoll Termine absolvierte der Promi seitdem dort. In den Sitzungen von Bundestagsfraktion oder bayerischer Landesgruppe tauche er ebenso selten auf, heißt es in der Partei.

Schily und die Nebeneinkünfte

Und manch oberbayerischer Genosse ist sauer, dass er gleich mehrere Wahlkreise betreuen muss, um nur annähernd so etwas wie den Anschein flächendeckender Präsenz der SPD-Bundestagsabgeordneten zu erwecken - während Schily zwischen der Toskana und Berlin pendele.

Zu seiner Popularität trägt auch nicht gerade bei, dass er sich seit Monaten als einziger Abgeordneter weigert, seine Nebeneinkünfte als Anwalt offenzulegen. Ein Rechtsstreit mit dem Bundestag ist anhängig.

Schon zuvor fühlten mehrere Spitzengenossen bei ihm vor, ob er nicht bereit sei, sein Mandat niederzulegen; als Nachrücker stünde der 44-jährige Peter Falk aus Gröbenzell bereit. Doch Schily ließ sie alle abblitzen - er will noch ein bisschen den elder statesman geben. Seitdem lassen ihn die Genossen in Ruhe.

Oberbayerns SPD-Bezirkschef Ewald Schurer charakterisiert Schily als "auslaufende Politikerkarriere mit hohem Grad an Individualität". Der Ex-Minister selbst wollte sich am Dienstag nicht äußern.

Dass Schily Clements Rechtsbeistand im Ausschlussverfahren ist, ist eine interessante Beinote. Der habe damit den "freidenkendsten Anwalt, den man sich vorstellen kann", sagt Maly und prognostiziert: Beider "Potential an Sturheit" sei "erfrischend" für die Bundesschiedskommission der SPD, die nun über Clements Ausschluss befinden muss.

© SZ vom 06.08.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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