Sparkassenpräsident informierte rechtzeitig:"Alle Zahlen zeigen nach unten"

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Sparkassenpräsident Naser hat Ministerpräsident Beckstein schon im Oktober 2007 auf die Krise hingewiesen. In einer Fußnote schrieb er, die Landesbank müsse "im schlimmsten Fall bis zu 15 Milliarden Euro Risikopositionen auf die eigenen Bücher nehmen".

Klaus Ott

Mehrere Sachverständige und zahlreiche Zeugen hat der Untersuchungsausschuss im Landtag benannt, der in den kommenden Wochen die Affäre um die Finanzkrise der Bayerischen Landesbank (BayernLB) aufklären soll. Insbesondere der achte Zeuge, der Ende Mai aussagen soll, könnte für die CSU-Regierung zu einem Problem werden.

Sparkassenchef Siegfried Naser auf einer Aufnahme aus dem, Jahr 2000 (Foto: Foto: dpa)

Dabei hat Siegfried Naser, der Präsident des Sparkassenverbandes, bestimmt kein Interesse, Ministerpräsident Günther Beckstein und Finanzminister Erwin Huber am Zeug zu flicken. Schließlich sind das Parteifreunde. Naser war, bevor er das Spitzenamt der Sparkassen übernahm, selbst für die CSU aktiv gewesen. Als Landrat von Kitzingen hatte der Mainfranke zeitweise auch den Bayerischen Landkreistag geleitet.

Als Chef des Sparkassenverbands hat Naser einige Briefe geschrieben, darunter auch einen an Beckstein und Huber, die der Staatsregierung schwer zu schaffen machen könnten. Der CSU-Mann hat seine Parteifreunde frühzeitig auf die gefährliche Lage bei der Landesbank angesprochen, die dem Freistaat und den Sparkassen jeweils zur Hälfte gehört. Über die BayernLB weiß Naser auch deshalb gut Bescheid, weil er deren Aufsichtsgremium leitet, den Verwaltungsrat. Dort sitzt er mit Huber zusammen; bis Oktober vergangenen Jahres gehörte auch Beckstein dem Kontrollorgan an.

Ende Oktober verfasste Naser einen Brief an Beckstein und Huber, der an Deutlichkeit kaum zu überbieten war. Das Weltbild habe sich geändert, schrieb der Sparkassenpräsident unter Hinweis auf die Krise im Hypothekenmarkt, und davon sei auch die Landesbank betroffen. "Alle Zahlen, die wir bis zum Ende des dritten Quartals 2007 sowohl in der BayernLB wie auch in den Sparkassen kennen, zeigen einen Weg nach unten."

Naser verwies auch darauf, dass es für die Landesbank viel teurer geworden sei, sich Geld am Kapitalmarkt zu besorgen, um das dann an die eigenen Kunden zu verleihen. "Die Risikoaufschläge haben sich verdreifacht." Das habe zur Folge, dass sich für die Landesbank "zahlreiche Geschäfte, insbesondere mit den Großkunden, nicht mehr lohnen".

Brisante Fußnote

Dem langen Brief legte Naser eine Übersicht mit einer großen, fettgedruckten Überschrift bei. Die Krise am US-Hypothekenmarkt treffe "insbesondere" die Landesbanken, stand da. Und als Fußnote war kleingedruckt vermerkt, die Landesbank müsse "im schlimmsten Fall bis zu 15 Milliarden Euro Risikopositionen auf die eigenen Bücher nehmen". Das klang alles völlig anders als einige Monate später beim Finanzminister und CSU-Chef Huber.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Erwin Huber die Situation beschreibt.

Huber verwahrte sich im Januar 2008 in einem Schreiben an die Landtagsopposition gegen den Vorwurf, gerade staatliche Banken seien von den Folgen der Krise besonderes betroffen. Das treffe nicht zu, entrüstete sich Huber. Sparkassenchef Naser wusste da offenbar besser Bescheid, wie sein Brief vom Oktober 2007 an Beckstein und Huber dokumentiert. Aus reiner Fürsorge für die Regierung Beckstein, die nun vor der Krise bei der Landesbank gewarnt war, hat der Mann aus Mainfranken diese Zeilen freilich nicht geschrieben. Der Bergsteiger Naser, der schon aufs Matterhorn geklettert ist, will hoch hinaus. Er träumt davon, die BayernLB mit der Landesbank in Baden-Württemberg (LBBW) zu einer internationalen Großbank zu fusionieren.

Erwin Huber und Günther Beckstein: Das neue Führungsduo der CSU muss momentan viel erklären. (Foto: Foto: dpa)

Um diese Vision verwirklichen zu könne, müssten die Sparkassen aber erst dem Freistaat dessen Anteile an der BayernLB abkaufen.Um dieses Ziel ging es in Nasers Brief an Beckstein und Huber. Im Namen der Sparkassen bot deren Präsident unverbindlich, aber schriftlich vier Milliarden Euro für jene Hälfte der Landesbank, die bislang dem Freistaat gehört.

1,5 Milliarden Euro könne man dadurch bezahlen, dass die Sparkassen dem Freistaat die Landesbodenkreditanstalt überließen, rechnete Naser vor. "Und die restlichen 2,5 Milliarden Euro könnten die Sparkassen über Jahre hinweg Stück für Stück aufbringen."

Debatte über Fusion mit LBBW

Naser wusste sogar, was die Regierung mit diesem Geld anfangen könne. "Ich hielte es für eine gute Idee, wenn der Freistaat diesen Verkaufserlös in den Fonds für die künftige Beamtenpension einbrächte." Beckstein und Huber gingen aber nicht darauf ein. Die Staatsregierung beschloss im November, die Anteile an der BayernLB zu behalten; die Fusion mit der LBBW wurde abgelehnt. Doch bereits im Februar kam diese Debatte wieder auf, nachdem der Vorstand der BayernLB und die CSU-Regierung nach langem Zögern das finanzielle Desaster bei der Landesbank zugegeben hatten.

Naser diktierte den nächsten Brief, der dieses Mal an den Vorstand der Landesbank ging, mit Kopie an Finanzminister Huber. Der Sparkassenchef warb erneut für eine Fusion mit der LBBW und rechnete nebenbei mit dem Management der BayernLB ab. Naser warf dem Vorstand vor, mit dem späten Eingeständnis der Milliardenrisiken einen "Informations-Gau" produziert zu haben.

Der Sparkassenfunktionär verwies darauf, dass die Landesbank im Dezember mitgeteilt habe, dass nur 100 Millionen Euro Ausfälle zu erwarten seien, und bei dieser Gelegenheit ein Milliardenrisiko dementiert habe. Das sei zwar "bilanzbegrifflich richtig" gewesen, aber solche "Spitzfindigkeiten" mache keine andere Bank.

Anschließend habe die BayernLB bis in den Februar hinein als "nahezu einzige Bank weltweit beharrlich" geschwiegen. Dabei habe sich aber der gesamte Finanzmarkt leicht ausrechnen können, "dass hier etwas nicht stimmt". Diese Attacke richtete sich ausdrücklich gegen die Landesbank, aber die Vorwürfe treffen natürlich auch Beckstein und Huber. Die CSU-Regierung hatte sich schließlich darauf eingelassen, Ausfälle in Höhe von angeblich nur 100 Millionen Euro zu nennen und ansonsten zu schweigen. Den Schaden haben nun auch die Sparkassen. Naser berichtet in seinem Brief vom Februar an den Landesbank-Vorstand, viele Kunden seien verunsichert und fragten, "ist unser Geld bei der Sparkasse noch sicher, weil ihr ja für die Landesbank haftet".

© SZ vom 9.Mai 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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