Schlagersängerin Claudia Jung:Nach Doppelplatin ein Mandat

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Vom Tonstudio ins Parlament: Schlagersängerin Claudia Jung will für die Freien Wähler Pfaffenhofen in den Landtag einziehen.

Stefan Mayr

Wer die Handynummer der neuen Hoffnungsträgerin der Freien Wähler wählt, bekommt zunächst ihr Lied "Sommerwein" zu hören. "Man trinkt ihn langsam und am besten eisgekühlt", singt Claudia Jung, "mein Sommerwein ist wie die Liebe süß und wild."

Will für die Freien Wähler in den Landtag: Schlagersängerin Claudia Jung (Foto: Foto: dpa)

Danach meldet sich die "große Dame des deutschen Schlagers", wie eine Zeitung sie einst nannte, mit einem gut gelaunten "Ja, hallo". Sie befindet sich gerade auf Promotiontour in Mallorca für ihr neues Album "Unwiderstehlich".

Bald wird sie wieder durch Bayern reisen, aber nicht als Sängerin Claudia Jung, sondern als Politikerin Ute Singer. Die 44-jährige Gerolsbacherin wird bei der Landtagswahl im Herbst für die Freien Wähler als Direktkandidatin antreten. Die offizielle Nominierung steht zwar noch aus, doch die CSU darf schon jetzt um ihr Dauermandat aus dem Stimmkreis Pfaffenhofen/Schrobenhausen zittern.

Denn Claudia Jung kann nicht nur singen, sondern auch reden. Dies hat sie bei zahlreichen Veranstaltungen vor den Kommunalwahlen im März bewiesen. Sie zog sowohl in den Gemeinderat ihrer Wahlheimat Gerolsbach als auch in den Kreistag Pfaffenhofen ein.

Obendrein hatte sie als Wahlkampfhelferin großen Anteil daran, dass der Freie Wähler Josef Schäch bei der Landratswahl gegen den haushoch favorisierten CSU-Amtsinhaber Rudi Engelhard triumphierte. "Wenn sie dabei war, waren die Lokale viel voller", sagt Josef Schäch voller Dankbarkeit.

"Total bodenständig"

Höhepunkt des Wahlkampfs war eine Kundgebung auf der Trabrennbahn Pfaffenhofen, bei der Claudia Jung nicht nur als Rednerin, sondern auch als Sängerin auftrat. "Danach haben uns auch Leute angesprochen, die vorher nicht zum FW-Lager gehörten", sagt Max Hechinger, der Kreisvorsitzende der Freien Wähler Pfaffenhofen.

Seit dem sensationellen Machtwechsel im Landratsamt Pfaffenhofen traut man Claudia Jung sogar zu, die langjährige CSU-Abgeordnete Erika Görlitz aus dem Landtag zu verdrängen. "Claudia Jung war im Wahlkampf Tag und Nacht auf der Straße und hat viel Freizeit geopfert", sagt Hechinger, "außerdem kommt sie bei den Leuten super an und weiß, wovon sie spricht."

Tatsächlich ist Claudia Jung kein Starlet, das jenseits der Glitzerwelt nicht zurechtkommt. "Sie ist keine Gschaftlhuberin, sondern total bodenständig", so Hechinger.

Die Mutter einer zehnjährigen Tochter bringt durchaus Lebenserfahrung mit: Ehe sie 1984 als Claudia Jung entdeckt wurde, arbeitete sie als Ute Brigitte Krummenast als Fotolaborantin, Arzthelferin, Urlaubsanimateurin und Bürokraft. Nach einigen durchwachsenen Jahren im Showbusiness gelang ihr 1994 zusammen mit dem Starpianisten Richard Clayderman der Durchbruch. Ihr Hit "Je t'aime mon amour" schaffte es in die Top Ten. Heute hat sie mehrere Goldene Schallplatten "und Doppelplatin", wie sie ergänzt. Zudem erhielt sie fünfmal "die goldene Stimmgabel" und zweimal den Echo-Preis.

Hoffnung für Großstädte

Im Jahr 2000 zog sie mit ihrem Ehemann und Produzenten Hans Singer und Tochter Anna von München in die Holledau. In der 3000-Einwohner-Gemeinde Gerolsbach bewohnt die Familie mit 50 Tieren einen ehemaligen Bauernhof.

2002 kandidierte sie erstmals für die Christliche Wählergemeinschaft CWG für den Gemeinderat. "Aber damals wurde ich als Zugezogene noch nicht ernst genommen", sagt Claudia Jung. Doch im März 2008, nachdem sie sich sechs Jahre lang unter anderem für das Kinderschutzprojekt Paulihof eingesetzt hatte, wurde sie bei der Kreistagswahl von Listenplatz 13 auf 7 vorgewählt.

"Ihre Popularität nützt natürlich ihr und auch uns", sagt FW-Kreischef Hechinger, "mit ihr können wir vielleicht auch endlich in den Großstädten Stimmen holen." Bei den bisherigen Landtagswahlen schnitten die Freien Wähler in den Ballungsräumen stets schwach ab, "Vielleicht können wir mit ihr die historische Chance nützen, angesichts der CSU-Schwäche in den Landtag einzuziehen", hofft Hechinger.

Dort will sich Claudia Jung vor allem um Familien-, Bildungs- und Gesundheitspolitik kümmern. "Wir brauchen die Ganztagsschule und den gebührenfreien Kindergarten, zumindest für Alleinerziehende", sagt sie. Sich selbst bezeichnet sie als "impulsiv und dickköpfig, da geht manchmal der Widder mit mir durch". Wenn sie sich ein Ziel gesetzt habe, dann marschiere sie "unbeirrbar und direkt" darauf zu.

© SZ vom 29.04.2008/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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