Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:Späte Genugtuung

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat Bayerns FDP befriedet und in die bürgerliche Mitte zurückgeführt. Jetzt liberalisiert sie die CSU - Horst Seehofer kennt sie noch aus Bonner Zeiten.

Christine Burtscheidt

Erst 48 Stunden nach der bayerischen Landtagswahl, auf einer langen Autofahrt von Brüssel nach München und jenseits der Terminkalender-Hetze, hatte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Zäsur des Wahlergebnisses in allen Facetten durchdacht.

Bayern, die sich aus Berlin kennen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit Horst Seehofer (CSU) nach Sondierungsgesprächen. (Foto: Foto: ddp)

Die CSU hatte nach beinahe 50 Jahren die absolute Mehrheit verloren, die FDP war nach 14 Jahren als parlamentarische Kraft in den Bayerischen Landtag zurückgekehrt und wird in den nächsten fünf Jahren als Juniorpartner der CSU mitregieren. Gelungen, sagt Schnarrenberger, sei das nur, weil die FDP zu ihrer "liberalen Mitte" zurückgefunden habe. Und gerade darüber freut sich die Bundestagsabgeordnete und bayerische Landesvorsitzende besonders.

So lange hat die 57-jährige Starnberger Rechtsanwältin auf den Wiedereinzug der FDP in den Landtag warten müssen, dass sie zwischenzeitlich wohl selbst nicht mehr daran glaubte. Bis Anfang der achtziger Jahre war die Partei eine politische Größe im Freistaat gewesen.

Doch dann kamen 1982 der Bruch in Bonn mit dem Koalitionspartner SPD und das neue Bündnis mit der Union. Die FDP rutschte nach rechts, die Unterschiede auch zur CSU verwischten. Beispielhaft dafür war 1995 die Zustimmung zum Großen Lauschangriff. Leutheusser-Schnarrenberger war damals Bundesjustizministerin. Weil sie das Gesetz nicht mit ihrer politischen Position vereinbaren konnte, trat sie zurück.

Fortan galt sie als liberales Gewissen und wurde gefeiert, während der Wähler die FDP gerade in Bayern mit schlechten Ergebnissen abstrafte. Als reine "Wirtschaftsmacho-Partei", wie sie Hildegard Hamm-Brücher beschimpfte, konnte sie hier nicht mehr reüssieren; zumal Edmund Stoiber selbst zunehmend für eine neoliberale Wirtschaftspolitik eintrat.

Die FDP fiel 1994 aus dem Landtag heraus, schrumpfte zur Zwei-Prozent-Partei und war intern völlig zerstritten. Leutheusser-Schnarrenberger übernahm im Jahr 2000 den Landesvorsitz und fand erst einmal einen Schuldenberg von 350.000 Euro vor. Es ist ihr Verdienst, die Partei befriedet und in die bürgerliche Mitte zurückgeführt zu haben - mit einem Programm, das neben der Wirtschafts- und Steuerpolitik auch wieder Positionen in der Rechts- und Sicherheits- sowie der Bildungspolitik umfasst und mit dem sie sich klar von der CSU abgrenzte.

13 Jahre nach dem Lauschangriff wollte Leutheusser-Schnarrenberger ihrer Partei einen neuen Weg mit klassisch liberalen Werten aufzeigen. Der Erfolg bereitet ihr nun Genugtuung.

Mindestens so groß aber dürfte ihr Vergnügen sein, die CSU zu liberalisieren. Sowohl beim Versammlungsgesetz, der Online-Durchsuchung als auch beim Rauchverbot haben die Liberalen in ersten Sondierungsgesprächen die CSU zu Zugeständnissen bewegt.

Es würde auch nicht wundern, wenn Leutheusser-Schnarrenberger die Bundespolitik verließe und einen Platz im Kabinett der neuen schwarz-gelben Regierung einnehmen würde. Mit Horst Seehofer als Ministerpräsident an ihrer Seite, den sie noch als Kollegen aus Bonner Tagen kennt und von dem sie sagt: "Mit dem zu arbeiten macht wahnsinnig viel Spaß."

© SZ vom 13.08.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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