Region Grafing:Mit der Reife kommt auch etwas Abstand

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Thomas Huber (CSU) verkörpert das Bild von "Laptop und Lederhosen". Gegenüber seiner Partei erlaubt sich der 36-Jährige aber auch kritische Töne.

Nicole Werner

Lässig den gelben Pullover um die Schultern geworfen, breit grinsend den Vorbeigehenden anschauend. Vor drei Monaten ist Thomas Huber parteipolitisch erwachsen geworden. 36 Jahre ist er nun. Ein Alter, in dem man von der Junge Union vollends in die Mutterpartei übertritt. "Ja, die JU-ler sind direkter, aufmüpfiger in ihren Formulierungen", sagt er. Das gehöre dazu. Das Wahlplakat mit dem adretten gelben Pulli, das so hier und dort im Landkreis hängt, soll Thomas Hubers politische Reife bezeugen: Zum zweiten Mal will er sich in den Bezirkstag wählen lassen.

Für Thomas Huber ist die bayerische Tracht identitätsstiftend (Foto: Foto: Renate Schmid)

Das kolportierte Bild von "Laptop und Lederhosen" passt auf Thomas Huber, als habe der Urheber genau ihn vor Augen gehabt. Nicht weil man ihn bisweilen tatsächlich in dieser Montur antrifft, sondern weil das Lebensgefühl, was es beschreibt, genau das ist, was Huber lange vor seinem Eintritt in die CSU wichtig war. Schon als Sechsjähriger übte der Grafinger fleißig Schuhplattler bei den Atteltaler Trachtlern.

Die Tracht ist für Huber identitätsstiftend - "weil sie mit Heimat zu tun hat und zugleich die Tradition festhält und Modernes aufnimmt." Zweifelsohne ist die Heimatpflege für ihn ein wichtiger Punkt auf der Bezirkstagsagenda. Ungebremst erzählt er von zwei neuen Museen, dem Trachteninformationszentrum, der Fachberatung bei der Sanierung von Gebäuden in denen "so viel Geschichte steckt."

Er lehnt sich über die Bierbank und zeigt die Schlossstraße hinauf. Da oben stehe so ein uraltes Häuschen, das für die Förderung in Frage käme. Ohnehin fühlt sich Huber mit dem kleinen Örtchen Unterelkofen sehr verbunden. Es sei einer seiner Lieblingsorte im Landkreis. "Hierher komme ich gerne, um unter den Bäumen im Biergarten zu sitzen", sagt er. In diesen Teil seiner Heimat zieht sich der Grafinger zurück, um zu entspannen und ein wenig Sport zu machen. Sofern er das zeitlich schaffe, fügt er mit einem gewissen Bedauern hinzu.

Da er im Grafinger Stadtrat, im Kreistag und im Bezirkstag Oberbayern sitzt, weiß er um die Aufgabe und die Zuständigkeiten. Den Weg des Geldes von den Gemeinden bis zum Bezirk und die damit verbundenen Diskussionen kennt er genau. Häufig dann, wenn es den Kommunen finanziell etwas schlechter gehe, werde die Forderung nach geringeren Abgaben an den Kreis laut. Hier würde man aber an der falschen Stelle sparen, glaubt Huber. "Die Ökonomie darf nie im Gegensatz zur Menschlichkeit stehen."

Stattdessen sucht Huber nach anderen Lösungen. Durch die Neustrukturierung von zwölf oberbayerischen Kliniken durch den Bezirkstag sei auf verwaltungstechnischer Ebene effizienteres und somit kostengünstigeres Arbeiten möglich. Ohne Arbeitsplatzverlust, betont Huber. "Mit wirtschaftlicher Kompetenz die sozialen Aufgaben anpacken", so beschreibt Huber die Aufgaben des Bezirkes.

Huber bedauert, dass die Tätigkeiten des Bezirkstages als überörtlicher Sozialhilfeträger häufig im Verborgenen bleiben, weil sie meistens nur von den Menschen wahrgenommen werden, die direkt betroffen sind. Dabei seien die Funktionen so vielfältig. Hier sprudelt es wieder aus dem Grafinger heraus: psychiatrische Versorgung, Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Hilfe für Pflegebedürftige.

Obwohl er ein Politiker im Wahlkampf ist, glaubt man ihm sein ehrliches Engagement. Bürokratisierung in sozialen Einrichtungen abbauen, um die eingesparten Gelder für mehr Projekte zur Verfügung zu haben, ist ein Ansinnen, das Thomas Huber auch in seiner Tätigkeit als Leiter der Stabstelle Bildung im BRK verfolgt.

Das Miteinander - ob im Verein oder gesamtgesellschaftlich betrachtet - steht für ihn an erster Stelle. Er muss jedoch zugeben, dass die Dialogbereitschaft der CSU in der Vergangenheit nicht optimal war. "Man muss die Menschen da abholen, wo sie sind. Manchmal wurden Entscheidungen einfach zu schnell getroffen." Die Einführung des G8 sei dafür ein Beispiel, aber auch der Nichtraucherschutz. Hier hätte die CSU es versäumt, mit den Betroffenen zu sprechen und über Kleinlösungen nachzudenken. Diese Unzulänglichkeiten freilich verpackt Huber sehr eloquent im Rahmen parteipolitischer Akzeptanz.

Acht Jahre lang gab Huber den Clown bei den Grafinger Faschingsbären. "Das war toll", schwärmt er. Machen und sagen, was er wollte, und keiner konnte ihm beleidigt sein. "Aber das geht irgendwann nicht mehr zusammen mit der Politik." Allerdings habe man ihn noch zum Varieté-Direktor überreden können. Als solcher müsse er sich benehmen. Erwachsen also im Hobby und in der politischen Berufung. Den jugendlichen Zweitagebart behält er sich dennoch weiterhin vor.

© SZ vom 15.09.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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