Regierungserklärung:Stoibers letzter Streich

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Im Landtag gibt der scheidende Ministerpräsident seine letzte Regierungserklärung ab - die lange umstritten war.

Kassian Stroh

Erfahrung hat er ja. Wenn Edmund Stoiber an diesem Dienstag im Landtag seine Regierungserklärung abgibt, ist es die 25. seiner Zeit als Ministerpräsident. Es wird eine besondere sein - nicht nur weil recht viel dafür spricht, dass es seine letzte sein wird.

Mit Spannung erwartet: Stoibers letzte Regierungserklärung im Landtag. (Archivbild) (Foto: Foto: dpa)

Doch selten hat eine Regierungserklärung im Vorfeld so viel Unmut und Misstrauen erregt - zwischen Stoiber und so ziemlich allen in seiner Partei, der CSU. Inzwischen hat sich der Ärger etwas gelegt, weshalb Stoiber heute, vermutlich nur durch die Redner der Opposition gestört, zu seiner letzten Galavorstellung im Landtag wird antreten können.

Hymnische Lobpreisungen durch CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann im Anschluss sind ihm ebenso gewiss wie der lange Applaus seiner Parteifreunde. Auch wenn einige vor allem deshalb klatschen werden, weil das Theater nun endlich vorbei ist.

Es spricht viel dafür, dass sich Stoiber seine letzte Gala ein bisschen festlicher vorgestellt hat. Wollte er doch ein wegweisendes Programm für Bayern auf den Weg bringen, sein Investitionsprogramm Bayern 2020. Vor mehr als einem Jahr wurde diese Idee irgendwo in der Staatsregierung geboren - mehrere CSU-Kräfte beanspruchen eine Urheberschaft.

Dieses Programm sollte Stoiber im Herbst seiner Karriere von einer ganz neuen, weniger technokratischen Seite zeigen und ihm den Landtagswahl-Erfolg 2008 sichern. Eine Initiative nicht für High Tech, sondern fürs Herz: für Kinder, Bildung, Arbeitsplätze.

So ist nun auch die Regierungserklärung überschrieben. Im Herbst 2006 setzte Stoiber eigens eine Kommission ein, die vor drei Monaten ein mehr als 400-seitiges Konvolut vorstellte, wie Bayern noch besser und schöner werden könne. Die Wünsche hatten es in sich - der Kommissionschef und frühere Unternehmensberater Herbert Henzler prägte den Satz: "Wenn Sie die Welt verändern wollen, müssen Sie Sprünge machen."

Nur hatte sich im Weitsprung-Team der CSU zwischenzeitlich die Hackordnung geändert. Dass Stoiber auch nach seiner Rückzugsankündigung vom Januar an Bayern 2020 festhielt und das Programm noch vor der Sommerpause präsentieren wollte, verärgerte die CSU-Abgeordneten, die sich längst auf Günther Beckstein als neuen Regierungschef eingestellt hatten.

Sie warfen Stoiber vor, er wolle möglichst viel festlegen, damit Beckstein kein Spielraum mehr bleibe für eigene Akzente. Zur Entspannung trug nicht bei, dass Stoiber Henzlers Arbeit pries und davon sprach, dass es hier um gewaltige Dimensionen gehe ("Sechs Doppelhaushalte bis 2020") und nicht um kleinkarierte Ausgabenwünsche.

Auch wenn Stoiber immer wieder beteuerte, alles mit ihnen abzustimmen - die CSU-Abgeordneten blieben misstrauisch. Fraktionschef Herrmann rang ihm die Zusage ab, die Eckpunkte von Bayern 2020 in der gemeinsamen Haushaltskommission von Fraktion und Regierung festzulegen.

Die bremste Stoiber ein und legte den Rahmen auf 1,5 Milliarden Euro für vier Jahre fest - Stoiber hatte Größeres im Sinn. Wenn man sich in der Fraktion umhört, fallen verräterische Sätze wie: "Stoiber darf 1,5 Milliarden Euro verteilen." Die Rede ist von "seinem Schaufenster" - und dass Beckstein wegen der exorbitant hohen Steuereinnahmen im Herbst viele eigene "Schaufenster" werde dekorieren können.

Stoibers Gala-Robe ist also schon jetzt ein bisschen abgewetzt, und so wird er heute seinem Nachfolger vermutlich in eher abstrakter Form ins Stammbuch schreiben, wie er Bayern voranzubringen habe. Er wird seine eigenen Verdienste preisen und darstellen, wie er das Erbe seiner Vorgänger, speziell Franz Josef Strauß', gemehrt habe und wie wohl bestellt das Feld sei, das er seinem Nachfolger hinterlasse.

Das ist das Lied, das Stoiber seit einiger Zeit immer wieder singt - und man kann es auch als Warnung zwischen den Zeilen verstehen: An mir, Stoiber, liegt es nicht, sollte die CSU bei der Wahl 2008 eine Pleite erleben.

Von den ursprünglichen, wuchtigen 2020-Ankündigungen wird indes nicht mehr viel die Rede sein. Aber die nahm die CSU ohnehin nie so wahnsinnig ernst. Vor einem Jahr, als die ersten vagen Ideen für das Programm durchsickerten, lästerte ein führender CSU-Mann: Bayern 2020 heiße das Ganze doch nur, weil Bayern 2015 blöd klinge und Bayern 2010 für Stoiber zu kurz gesprungen sei. Wie sich die Zeiten ändern.

© SZ vom 17.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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