Rechnungshof:Agrarministerium in großen Teilen überflüssig

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Als einziges Bundesland leistet sich Bayern ein eigenständiges Landwirtschaftministerium - mit etlichen Parallelstukturen zumal. Nun rügt der Rechnungshof das Ressort.

Christian Sebald und Kassian Stroh

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) empfiehlt eine radikale Reform des Landwirtschaftsministeriums. Ein Großteil der Referate und Abteilungen sei überflüssig. Viele Stellen könnten gestrichen oder zusammengelegt werden. Aufgaben wie Personal-, Haushalts- und Rechtsangelegenheiten würden von verschiedenen Stellen parallel und damit ineffizient wahrgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt der ORH in einer Prüfungsmitteilung, zu der nun das Ministerium Stellung nehmen soll.

Landwirtschaftsminister Josef Miller muss sich mit den Forderungen des ORH auseinandersetzen. (Foto: Foto: dpa)

Die Mitteilung datiert vom 18. Februar und trägt den Titel "Verwaltungsreform im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten". Dahinter verbirgt sich politischer Sprengstoff. Nicht nur, weil die Empfehlungen des ORH darauf hinauslaufen, bis zur Hälfte der Abteilungen und wenigstens ein Drittel der Referate im Haus zu streichen. Das ORH-Papier könnte auch die Debatte über eine grundlegende Neustrukturierung wiederaufleben lassen.

So wird in der CSU immer wieder gefordert, das Agrarministerium in einem Ministerium für den ländlichen Raum aufgehen zu lassen, dem auch die bislang im Wirtschaftsministerium angesiedelte Zuständigkeit für Landesplanung übertragen werden könnte. Ministerpräsident Günther Beckstein hat ein solches Ministerium zuletzt vor dem Bayerischen Landkreistag entschieden abgelehnt.

Bayern ist das einzige Bundesland überhaupt, das sich noch ein eigenständiges Ministerium für Landwirtschaft und Forsten leistet. Die anderen Länder haben beide Bereiche längst in andere Ressorts eingegliedert. So gibt es in Niedersachsen, dem nach Bayern zweitstärksten Agrarland in der Bundesrepublik, ein Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung.

Und in Baden-Württemberg, dem drittstärksten Agrarland, taucht die Landwirtschaft nicht einmal mehr im Titel des zuständigen Ressorts - des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum - auf. In beiden Häusern ist die Landwirtschaftsverwaltung denn auch nur eine Abteilung unter anderen, mit einer sehr überschaubaren Anzahl von Referaten.

Anders in Bayern. Im Agrarministerium, einem trutzigen Bau an der Münchner Ludwigstraße, residieren neun Abteilungen mit 51 Referaten. Davon sind sieben Abteilungen mit 38 Referaten für die Landwirtschaft zuständig. Ihre Aufgaben umfassen landwirtschaftliche Kerngebiete wie Pflanzenbau, Milchwirtschaft und Schweinezucht, aber auch Besonderheiten wie "Landwirtschaftliches Sozial- und Arbeitswesen", "Fischerei" und "Kleintierzucht" sowie "Grundsatzfragen der Agrarförderung".

Dazu leistet sich das Haus etliche Parallelstrukturen. So verfügen die Landwirtschaftsabteilungen und die Forstabteilung über eigene Personal- und Organisationsreferate. Auch Controlling und Rechtsaufsicht sind auf mehrere Stellen verteilt.

An dem Punkt setzt der ORH an. Sein Fazit lautet, dass "durch die Zusammenlegung von Verwaltungs- und Organisationseinheiten zahlreiche Synergien und Einsparungen erzielt werden könnten", sagt ein Insider. "Daran ist sicher vieles richtig." Der Bericht geht aber noch weiter. In etlichen Bereichen fordert er eine Neuausrichtung, etwa durch die Bündelung diverser Kleinstreferate. "So stellt er die Frage, ob es wirklich ein eigenes Fischereireferat braucht und dieses nicht besser mit dem für Kleintierzucht fusioniert werden sollte", sagt der Insider.

"Wieder Versuchskarnickel"

Wie bei ORH-Prüfungen üblich, liegt die Mitteilung nun im Ministerium, das zu dem Papier Stellung nehmen soll. Obwohl es streng unter Verschluss ist, sorgt es für Aufregung. "Wir sind immer noch dabei, die Wogen zu glätten, die die Forstreform geschlagen hat", sagt ein hochrangiger Ministerialer. "Deshalb haben wir überhaupt keine Lust, schon wieder als Versuchskarnickel für eine neue Reformdebatte gehandelt zu werden."

Darauf zieht sich auch Agrarminister Josef Miller zurück. "Von allen Verwaltungen im Freistaat haben wir die umfassendste Reform hinter uns", sagt der CSU-Politiker. "Wir müssen erst einmal sehen, wie sie sich einspielt." Er betont, dass sein Haus "die entscheidenden Zukunftsfragen behandelt, von der Lebensmittelversorgung über nachwachsende Rohstoffe, regenerative Energien und die Folgen des Klimawandels bis hin zur Entwicklung des ländlichen Raumes". Dennoch werde man sich mit den Forderungen des ORH beschäftigen, sagt Miller. "Wir begreifen die Reform unseres Geschäftsbereichs als Daueraufgabe."

© SZ vom 28.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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