Rauchverbot in Bayern:"In die Gasthäuser soll der Friede einziehen"

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Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) verteidigt das neue Rauchverbot als Regelung mit Augenmaß.

Kassian Stroh

Am Dienstag hat das Kabinett seinen Gesetzentwurf zur Lockerung des Rauchverbots beschlossen. Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) sagt, die Nichtraucher in Bayern würden künftig trotzdem besser geschützt.

"Es macht keinen Sinn, etwas zu erzwingen, was der bayerischen Tradition entgegensteht" - Gesundheitsminister Markus Söder (CSU). (Foto: Foto: Seyboldtpress)

SZ: Herr Söder, welche Ihrer Zuständigkeiten mögen Sie weniger: Gammelfleisch oder das Rauchverbot?

Söder: Man kann sich die Aufgaben nicht immer aussuchen. Aber es lohnt doch mitzuhelfen, einen starken Nichtraucherschutz zu etablieren. Wir wollen, dass dauerhafter Rechts- und Gesellschaftsfriede in die Gasthäuser einzieht.

SZ: Richtig machen kann man es nicht.

Söder: Es gibt zwei Extreme: Nichtraucherschutz ohne Ausnahme. Und: Rauchen geht über alles. Die Politik muss da einen vernünftigen Weg finden. Für uns ist der Nichtraucherschutz absolut wichtig. Das zeigt sich vor allem daran, dass unsere Neuregelung rechtlich überprüfbar und verbindlich ist. In Bayern wurde der Nichtraucherschutz im vergangenen Jahr durch die Flucht in Raucherklubs ausgehebelt. Das wird jetzt geändert.

SZ: Als Gesundheitsminister müssten Sie für strenge Regeln sein, doch Sie werben für eine Lockerung. Das ist absurd.

Söder: Der Vollzug hat in der Praxis nicht wirklich funktioniert. Jetzt wird es einen stabileren und verlässlicheren Nichtraucherschutz geben. Dabei wird aber auch der bayerischen Philosophie "Leben und leben lassen" Rechnung getragen.

SZ: Rechtlich hat der Vollzug vielleicht nicht geklappt. Faktisch haben sich die meisten Bayern mit der Situation gut arrangiert. Warum das ändern?

Söder: Wir mussten ohnehin tätig werden, weil seit dem 1. Januar eigentlich alle Bierzelte rauchfrei wären. Das wäre in der Praxis aber nicht durchführbar gewesen. Daher haben sich CSU und FDP auf eine Reform geeinigt.

SZ: Herausgekommen sind diverse Widersprüche: Warum ist Passivrauchen im Bierzelt nun nicht mehr gefährlich?

Söder: Im Gegensatz zu Gaststätten sind Festzelte vorübergehende Einrichtungen, für drei Wochen. Gaststätten bleiben das ganze Jahr. Außerdem ist eine Kontrolle zum Beispiel auf dem Oktoberfest praktisch unmöglich.

SZ: Warum bitte sollen Kontrollen nicht durchsetzbar sein? Die Kommunen und die Wirte wollen bloß nicht.

Söder: Es macht keinen Sinn, etwas zu erzwingen, was der bayerischen Tradition wie auch der Rechtswirklichkeit entgegensteht.

SZ: Viele Jugendliche verbringen sehr viel Zeit in Festzelten.

Söder: Das halte ich für übertrieben. Jugendliche halten sich sicher öfter in Diskotheken auf - und da haben wir jetzt eine Regelung mit einem klaren Jugendschutz gefunden.

SZ: Sie ändern jetzt ein Gesetz, für das sich die CSU vor kurzem noch ziemlich gebrüstet hat. Nur wegen des Wahlergebnisses. Ist das Grundlage Ihrer Politik?

Söder: Nein. Das Gesetz hat im Laufe der Zeit erhebliche Schwächen im Vollzug gezeigt. Durch den Wildwuchs etwa an Raucherklubs ist genau das Gegenteil eingetreten und der Nichtraucherschutz geschwächt worden.

SZ: Anders herum gefragt: War das Rauchverbot wahlentscheidend?

Söder: Es schadet keinem, aus der Vergangenheit zu lernen - vor allem wenn es dem gesellschaftlichen Frieden dient.

SZ: Wäre es nicht sinnvoller gewesen, für das Rauchverbot zu werben, Aufklärung zu betreiben, den Vollzug zu kontrollieren - als das Gesetz zu ändern?

Söder: Wir haben jetzt eine sehr seriöse und ausgewogene Lösung, diese befindet sich im Einklang mit vielen anderen Bundesländern. Radikalität ist meistens ein schlechter Ratgeber, Vernunft und Augenmaß sind besser. Politik, die sich von den Menschen abkoppelt, wäre falsch.

SZ: Was steht in der Innovationsklausel des Gesetzes?

Söder: Wenn es technische Möglichkeiten gibt, das gleiche Schutzniveau zu erreichen, können diese nach Prüfung durch das Landesamt für Umwelt zugelassen werden. Wir werden uns mit den Bundesländern, die eine vergleichbare Regelung haben, untereinander abstimmen.

SZ: Wann haben Sie selbst zuletzt geraucht?

Söder: Zigaretten seit Urzeiten nicht mehr. Auch Zigarillos schon lange nicht mehr. Denn meine Tochter hat gesagt: Das stinkt. Und dann kriegst du keinen Kuss mehr.

© SZ vom 21.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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