Prototyp für kurze Strecken:Schnappauf und sein Wasserstoffauto

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Mit seinem Dienstwagen "Hydrogen 7" fährt Umweltminister Werner Schnappauf derzeit den größten Spritschlucker der Staatsregierung. Aber nur wenn der BMW-Prototyp im Benzin-Modus ist. Sonst läuft das Auto mit Wasserstoff.

Kassian Stroh

Seit vier Monaten hat Umweltminister Werner Schnappauf einen neuen Dienstwagen. Eine 7er-Limousine von BMW, die mit Wasserstoff betankt wird. Die erste Bilanz des Ministers fällt "sehr positiv'" aus: "Das Fantastische ist: Es funktioniert, mit Wasserstoff zu fahren", jubelt Schnappauf. Ganz leise sei das Gefährt, man habe das Gefühl zu schweben.

"Mobil ohne Schadstoff-Ausstoß": Werner Schnappaufs Wagen braucht dennoch viel Energie (Foto: Foto: dpa)

Hundert Stück des Fahrzeugs mit dem Namen "Hydrogen 7" hat BMW produziert und kostenlos an Prominente verliehen, darunter Schnappauf und Wirtschaftsminister Erwin Huber.

Dass die Limousine fährt und nicht auf freier Strecke liegen bleibt, ist insofern erwähnenswert, als der "Hydrogen 7", der die Antwort von BMW auf den Klimawandel und die schwindenden Erdöl-Vorräte sein soll, ein Prototyp ist - und weit entfernt davon, als Verkehrsmittel in die Massenproduktion zu gehen. Das hat auch Schnappauf im Zuge der viermonatigen Testzeit festgestellt.

Gut 200 Kilometer weit kommt das Auto mit einer Tankfüllung Wasserstoff - das ist für Bayern wenig angesichts der Tatsache, dass nur in München und Unterschleißheim getankt werden kann. Deshalb lässt es sich auch mit herkömmlichem Benzin fahren - das Umschalten von Wasserstoff- auf Benzinbetrieb funktioniert bei voller Fahrt, ohne dass Schnappauf, der das Auto vor allem im Stadtverkehr einsetzt und bislang etwa 8000 Kilometer gefahren ist, auch nur ein "Ruckeln" bemerkt hätte.

Dafür hat es eine ganze Reihe praktischer Nachteile: Der zweite Tank füllt fast den ganzen Kofferraum aus. Schwerer macht er das Auto auch, was wiederum den Treibstoff-Verbrauch erhöht: Mit einem Normverbrauch von 13,9 Litern auf 100 Kilometer im Benzin-Modus fahren Schnappauf und Huber mit ihren "Hydrogen7" derzeit die größten Spritschlucker der Staatsregierung.

Zudem ist Wasserstoff ein ziemlich flüchtiges Element: Lässt Schnappauf sein Gefährt übers Wochenende stehen und will am Dienstag zur Kabinettssitzung fahren, ist der Tank zur Hälfte leer, ohne dass sich das Auto auch nur einen Meter bewegt hat. Ein physikalisches Problem, das kaum zu lösen ist.

Dringend müsse ein flächendeckendes Netz von Wasserstoff-Tankstellen aufgebaut werden, fordert Schnappauf, um der neuen Technik eine Chance zu geben. Die staatlich geförderte Tankstelle am Münchner Flughafen indes machte vergangenes Jahr dicht, als der Freistaat seinen Zuschuss strich.

Vor allem aber ist die Frage der Treibstoffherstellung zu lösen. Es kostet ziemlich viel Energie, Wasserstoff zu produzieren und ihn dann auf minus 253 Grad zu kühlen, um ihn flüssig im Tank aufbewahren zu können. Nur auf die Energiebilanz allein dürfe man nicht blicken, fordern die Befürworter der Wasserstoff-Technik.

"Das Tolle ist: Du bist mobil ohne Schadstoff-Ausstoß", sagt Schnappauf; aus dem Auspuff des "Hydrogen 7" kommt de facto nur Wasserdampf. Das ist für den Minister die einzige Form individueller Mobilität, die nicht auf fossiler Energie wie Gas oder Öl beruht. Noch aber ist man selbst beim "Hydrogen 7"' nicht so weit: Der nötige Wasserstoff wird derzeit vor allem aus Erdöl und Erdgas gewonnen.

Klimapolitisch wäre es nur sinnvoll, ihn aus regenerativen Energien herzustellen, etwa mit Solarstrom oder aus Biogas. Das weiß auch Schnappauf, der darin vor allem eine politische Aufgabe sieht: Daher unterstütze er beispielsweise ein Forschungsprojekt, bei dem in Kläranlagen aus Biogas Wasserstoff erzeugt werden soll.

Die Technik steckt in den Kinderschuhen. "Aber wenn man nicht anfängt, das auszuprobieren und voranzutreiben, wird man nie wissen, ob es in großem Stil gelingen kann", sagt Schnappauf und gibt zu bedenken, dass der herkömmliche Benzinmotor anfangs auch nicht so gut gewesen sei wie heute. Dieser sei 130 Jahre lang verbessert worden.

Bis Wasserstoffautos großflächig zum Einsatz kommen könnten, prognostiziert er, werde es sicher zwei Jahrzehnte dauern.

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