Pro Bezirke:Sachkompetenz

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(Foto: SZ-Grafik)

Die Bezirke garantieren Hilfsbedürftigen weit höhere Standards als dies finanziell klamme Landkreis könnten, wenn sie die Aufgaben übernehmen müssten

Von Dietrich Mittler

Die Bezirke garantieren Hilfsbedürftigen weit höhere Standards als dies finanziell klamme Landkreis könnten, wenn sie die Aufgaben übernehmen müssten.

2004 galt es noch als chic, die Abschaffung der Bayerischen Bezirke zu fordern. Einer der Wortführer der Kampagne war Rolf von Hohenhau, Präsident des Bundes der Steuerzahler in Bayern. Und der meinte, die Bezirke seien "so unnötig wie ein Kropf". Auch sagte er, die Abschaffung der Bezirke werde so unspektakulär vor sich gehen, wie die Abschaffung des Senats vier Jahre zuvor. Die Aufgaben der Bezirke könne man getrost den Landratsämtern zuweisen, hieß es dann erneut 2010. Gründlicher kann man sich gar nicht täuschen.

Selbst hochrangige Vertreter des Landkreistages räumen heute ein, dass in Bayerns Landratsämtern gar nicht mehr der Sachverstand vorhanden sei, um die vielfältigen und hochkomplexen sozialen Aufgaben der sieben Bezirke zu übernehmen. Wer könnte ernsthaft wollen, dass 71 Landratsämter nun Verwaltungen aufbauen müssen, in denen alle Aufgabenbilder der Bezirke abgebildet sind? Was für ein personeller Mehraufwand!

Und, an dieser Tatsache kommt der Landkreistag auch nicht vorbei: Die Bezirke können dank Bezirksumlage den Notdürftigen, den Alten, Kranken und den Menschen mit Behinderung überregional weit höhere Standards garantieren, als dies viele finanziell klamme Landkreise könnten. Im Klartext: Die Bezirke abzuschaffen würde bedeuten, gerade auf dem Land Hilfsbedürftigen Leistungen nicht mehr in der bisherigen Höhe zuzugestehen. Dass einige Landkreise hier Einsparpotenziale sehen, ist bekannt. Ebenso, dass ein Landkreis so riesige soziale Einrichtungen wie etwa Neuendettelsau finanziell nicht stemmen könnte.

Natürlich, in einem Staatswesen lässt sich so gut wie jede Institution durch andere ersetzen, wenn sich die politischen Verhältnisse ändern. Gerade 2018 hat sich aber gezeigt, wie unersetzlich die Bezirke sind. Ohne sie hätte die Staatsregierung ein ebenso rigides wie patientenfeindliches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz durchgedrückt, das die Betroffenen einmal mehr stigmatisiert hätte. Die Bezirke verhinderten das durch ihren Einfluss auf den Landtag als unabhängige und demokratisch legitimierte Kraft, die sich auf hohe Sachkompetenz aus den Reihen ihrer Mitarbeiter stützen konnte.

Bayerns 71 Landräten wäre das so nicht gelungen - noch dazu, da sie eine Doppelrolle ausfüllen: Sie sind zwar Vertreter der kommunalen Selbstverwaltung, aber auch der verlängerte Arm der Staatsregierung. Die Bezirke sind da weit unabhängiger. Als Leistungsträger fußen sie auf vom Volk gewählten Parlamenten, die die soziale und kulturelle Arbeit steuern und überwachen. Schattenwelt? Von wegen!

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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