Goldgelbe Getreidefelder, so weit das Auge reicht. Weiches Wasser, wie es reiner nicht sein könnte. Und Zeit, viel Zeit, die hatten sie hier schon immer. Mehr Zutaten braucht es nicht für einen guten Whisky, findet Gregor Schraml. Vielleicht noch ein besonderes Image, aber das hat der Stonewood 1818, nach dem alle Welt plötzlich ganz verrückt ist, nun ja auch.
Guter Whisky kann richtig teuer sein. Sei der Stonewood 1818 international ausgezeichnet wurde, zählt er zu den begehrten Sorten - kostet aber noch vergleichsweise wenig.
(Foto: dapd)Erbendorf in der Oberpfalz, eine Stadt mit gut 5000 Einwohnern. Das Klima ist rau hier am Rande des Steinwalds, einem wilden Naturpark südlich des Fichtelgebirges. Wenn Gregor Schraml seine Heimat beschreibt, spricht er gerne von den bayerischen Highlands: wenig Obstbestand, viel Fels, kaum Milchviehhaltung, jede Menge Getreide.
Die Gegend ist berühmt gewesen für ihre Porzellan- und Glasindustrie, heute ist davon nicht mehr viel zu sehen. Tirschenreuth gilt als der ärmste der sieben Landkreise in der Oberpfalz, die Arbeitslosenquote liegt mit 4,3 Prozent ein Viertel über dem Durchschnitt des Bezirks. Größere Firmen siedeln sich in Amberg an, in Weiden oder in Regensburg, nicht hier, in Erbendorf. Hier müssen Unternehmer besonders pfiffig sein - oder sie betreiben ein traditionelles Handwerk. Oder sie vereinen beides, wie die Schramls.
Geadelt durch die Whisky-Bibel
Fachleute halten die Whiskybrennerei Schraml für die älteste in Deutschland. Gregor Schraml ist kein Freund solcher absoluten Aussagen. Gesichert ist: Der 37-Jährige führt den Betrieb in der sechsten Generation, seit er von Johann Baptist Schraml gegründet wurde. Der Urahn, ein Bäcker, war einer der wenigen bayerischen Soldaten, die aus Napoleons Russlandfeldzug zurückkehrten. 1818 bekam er vom Königreich Bayern das Brennrecht für "mehlige und nicht mehlige Brände" verliehen. Einer der ersten Kunden des Kavalleristen Schraml war das Reiterregiment in Amberg, das er mit Kornbrand belieferte. Mit einem Vorläufer des Whiskys, der nun sogar international Furore macht.
Denn seit die Schramls ihren Whisky bei den World Spirit Awards 2008 bewerten ließen, ist nichts mehr, wie es einmal war - mit Ausnahme von dem Produkt selbst. Der zehn Jahre alte Whisky aus der Oberpfalz erhielt die Goldmedaille, 2010 wurde er dann mit 91 Punkten in Jim Murray's Whisky-Bible aufgenommen. Kategorie: brillant.
Zu billig ist unprofessionell
Seitdem können sich die Schramls vor Anfragen nicht retten. Obwohl sie auf Werbung verzichten, liegen ihnen 5500 Bestellungen zumeist deutscher Kunden vor, weit mehr, als sie liefern können. Ihr jährlicher Ausstoß beträgt zwischen 150 und 300 Flaschen. Dafür zahlen Liebhaber nahezu jeden Preis. 120 Euro kostet eine 0,7-Liter-Flasche, fast 50 Euro mehr als vor vier Jahren. Gregor Schraml zuckt mit den Schultern, wenn er über Angebot und Nachfrage spricht. Wenn er erzählt, wie ihm Einzelhändler unprofessionelles Verhalten vorhielten, weil er seinen Whisky viel zu billig anbiete, wo der jetzt doch "den Touch des Exklusiven" habe.
Touch des Exklusiven? Alois Schraml hätte schallend gelacht, wäre ihm vor Jahren jemand mit so einem Satz gekommen. Der 77-Jährige hat seine eigenen Erfahrungen gemacht. Schon in den Fünfzigern versuchte er, den damals wie heute identisch gleichen Kornbrand als Steinwald-Whisky auf den Markt zu bringen. Die Idee floppte im Nachkriegsdeutschland, in dem ein Whisky aus Amerika zu stammen hatte und sonst nirgends; gerade hier, in der Nähe Grafenwöhrs, dem größten US-Truppenübungsplatz in Europa. Der Steinwald-Whisky wurde also wieder zum "Bauernkorn" degradiert, zuletzt für 25 Euro die Flasche. Ein Draufzahlgeschäft.