Politikum:Schicksal Stellvertreter

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Um kein anderes Amt in der CSU wird ein größerer Zinnober veranstaltet - gemessen an seinem wahren Stellenwert. Denn die vier Stellvertreter sind vor allem hübsches Beiwerk, ein bunter Kranz geflochten aus den vielen unterschiedlichen Interessen, die es in einer Volkspartei abzudecken gilt

Von Wolfgang Wittl

Die Konstellation schien ja auch zu verlockend, man denke nur ein gutes Jahr zurück: Einerseits fürchtete die CSU, von der AfD bei den Europawahlen gerupft zu werden. Andererseits verfügte sie in Person von Euro-Kritiker Peter Gauweiler über die vermeintlich perfekte Wunderwaffe, die nur auf ihren Einsatz wartete. Also wurde Gauweiler zum Partei-Vize gekürt, damit er auch eine entsprechende Plattform hatte. Der Erfolg ist bekannt. Die AfD triumphierte, die CSU taumelte in ein historisches Tief. Das lag sicher nicht nur an Gauweiler. Doch sollte man sich an diese Geschichte erinnern, wenn nun wieder über die Bedeutung von stellvertretenden CSU-Chefs diskutiert wird.

Um kein anderes Amt in der CSU wird ein größerer Zinnober veranstaltet - gemessen an seinem wahren Stellenwert. Denn die Linie gibt allein der große Vorsitzende vor, in der auf Befehl und Gehorsam getrimmten CSU noch mehr als in anderen Parteien. Die vier Stellvertreter sind vor allem hübsches Beiwerk, ein bunter Kranz geflochten aus den vielen unterschiedlichen Interessen, die es in einer Volkspartei abzudecken gilt: Altbayer oder Franke, katholisch oder evangelisch, Mann oder Frau, neoliberal oder sozial, Stadt oder Land - am besten von allem etwas. Und nur mal angenommen, eine Barbara Stamm hätte dem Parteichef etwas zu sagen, dann täte sie das wohl als Barbara Stamm. Ihr Amt als Stellvertreterin braucht sie dafür nicht.

Mehr Macht ist traditionell den Bezirkschefs beschieden. Sie können, fernab vom Parteivorsitzenden, auf eine eigene Basis und somit ein Stück Unabhängigkeit zurückgreifen. Es ist kein Zufall, dass der Niederbayer Manfred Weber und der Schwabe Markus Ferber dankend abgewinkt haben, als ihr Name als Partei-Vize ins Spiel gebracht wurde. Unvorstellbar auch, dass sich Markus Söder oder Ilse Aigner auf Kosten ihrer Provinzfürstentümer in die Seehofersche Stellvertreter-Riege einsortieren ließen.

Gauweiler weg, Peter Ramsauer wohl auch, Barbara Stamm fraglich: Vor Horst Seehofer liegen einige Gespräche, bis seine Reihen wieder geschlossen sind. Vielleicht hilft ihm dabei ja ein Satz, den er als Partei-Vize selbst mal gesagt haben soll: "Die Hundehütte ist für den Hund, der CSU-Stellvertreter ist für die Katz."

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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