Politikum:Kopf hoch, Seehofer!

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In seiner zweiten Amtszeit ist der Ministerpräsident verhärmt, fahrig, mutlos. Das ist nicht gut für den Freistaat. Wo ist sein Instinkt geblieben?

Von Frank Müller

Horst Seehofer ist bekanntlich in Doppelfunktion Ministerpräsident eines Supersuper-Landes und Vorsitzender einer Gute-Laune-Partei. Seine eigene Stimmung ist allerdings etwas weniger jubelorientiert, das fällt inzwischen fast bei jeder Begegnung auf. Längere Zeit eilte er im Landtag auf dem Weg zum Plenarsaal an der Presse beleidigt und wortlos vorbei. In dieser Woche ließ er sich wieder einmal dazu hinreißen, im Steinernen Saal bei einem Reportergrüppchen stehen zu bleiben und ohne größere Begrüßungsformalitäten einen seiner Exkurse über die stets nachlassende Medienqualität zu beginnen. Anders als früher kann man den Inhalt nicht mehr wörtlich wiedergeben, weil Seehofer inzwischen nicht mehr den Alles-Senden-Ministerpräsidenten gibt.

Als solcher war er in der vergangenen Amtsperiode erfrischend aufgefallen. Mit den Worten "das können Sie alles senden" ermutigte er das ZDF sogar, eigentlich nur im Hintergrund gesprochene Klartext-Aussagen in den Nachrichten auszustrahlen. Seehofer 2015 ist anders: verhärmter, fahriger, mutloser. Menschen in der CSU, die früher seinen treffsicheren Instinkt lobten, wundern sich auf einmal über Fehler. Darüber etwa, wie er den Rücktritt seines Stellvertreters Gauweiler mutwillig herbeiführte und nun mitten in den parteiinternen Wahlen an der Basis große Personaltableaus mit neuen Stellvertretern und einem "Kompetenzteam" mit einem Dutzend Mitgliedern entwirft.

Dazu passt der unrunde Eindruck in der Sache. Der Wahlkampfschlager Maut ist vom bedeutenden Geldtopf für Investitionen ins Straßennetz zu einem mickrigen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit auf den Straßen verkümmert. Das Betreuungsgeld könnte Seehofer in Karlsruhe um die Ohren fliegen. Wenn die anstehenden Großthemen Energiewende oder Länderfinanzen für Seehofer ähnlich ausgehen, dann wird das weder seine Laune noch sein Standing in der Heimat verbessern.

Wahrscheinlich sind es vor allem diese freudlosen Kämpfe, die Seehofer nerven. Für Zukunftsfragen - ob Barrierefreiheit, die jetzt die SPD forciert, oder die Bedenken von McKinsey - fehlt ihm die Kraft. Das ist nicht gut fürs Land.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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