Politikum:Die geheime Kronprinzessin

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Wer die allerbeste Kandidatin für die Seehofer-Nachfolge wäre, ist eigentlich ganz naheliegend - sie sitzt schon jetzt in der Staatskanzlei

Von Frank Müller

Wie man hört, interessiert sich im bayerischen Kabinett der eine oder die andere dafür, beizeiten Nachfolger des Ministerpräsidenten zu werden. Das ist fraglos eine hübsche Machtperspektive, andererseits gibt es in der Staatskanzlei längst jemanden, der die Fäden in der Hand hält, jetzt und für immer. Die Rede ist hier nicht von Horst Seehofer. Der zieht zwar Fäden, aber in der Art, dass er sich mit ihnen selbst nachhaltig fesselt und der jeweiligen Zwangslage nur durch mehrmonatige ergebnisoffene Bürgerdialoge entkommen kann.

Nein, die Rede ist von Karolina Gernbauer. Karolina wer? Genau, Gernbauer. Sie ist die Frau in der Staatskanzlei, die es richtet, wenn der Chef mal wieder in mehrere Richtungen gleichzeitig will, oder sich der zuständige Fachminister am liebsten gar nicht bewegt. Wenn es Fotos gibt von Seehofer auf dem Weg zu etwas wirklich Bedeutendem mit lauter wichtigen Ministern und Staatssekretären, dann ist immer auch die 52 Jahre alte, attraktive blonde Dame aus Niederbayern mit dabei: Karolina Gernbauer.

Amtschefin nennt sie sich, seit Neuestem trägt sie auch noch den Titel einer Staatsrätin, um Augenhöhe zu schaffen mit den Staatskanzleichefs der anderen Bundesländer. Gernbauer ist eine der ganz wenigen, denen Seehofer wirklich vertraut. Das schafft man nur, wenn man in der Lage ist, den mitunter brachialen Politikstil des Chefs auch in die entlegenen Winkel der Staatsverwaltung zu transportieren. In Ministerien weiß man, was es geschlagen hat, wenn Gernbauer den dortigen Amtschef anruft, um ihm einen Wunsch aus der Staatskanzlei mitzuteilen. "Wilde Telefonate" seien das mitunter, sagt ein Kabinettsmitglied. Was man sich wiederum bei der stets freundlichen und nach außen ungeheuer verschwiegenen Staatsrätin eigentlich gar nicht vorstellen kann. Karolina Gernbauer kann auf eine Weise lächeln, dass auch achtjährige Jungs ihr verwüstetes Kinderzimmer ohne Widerrede selbst aufräumen.

Kurz gesagt, Bayern hat schon eine Frau, die die Staatskanzlei schmeißen könnte, wenn Seehofer dort einmal aufhört. Was das für Markus Söder und Ilse Aigner heißt, ließe sich jederzeit bei einem Telefonat unter Amtschefs klären.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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