Parteiproporz:Frauenaufstand in der CSU

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Die Chefin der Frauenunion, Emilia Müller, fordert von den Herren der CSU eine Frauenquote bei der Postenvergabe. Beckstein und Huber halten sich zurück - dabei gibt es in der Partei viel Quotendenken

Kassian Stroh

Zum 60. Geburtstag der Frauen-Union (FU) war auch die Regensburger Künstlerin Regina Hellwig-Schmid eingeladen. Mit zwei Koffern kam sie auf die Bühne, am Samstag beim Festakt in Eichstätt. Erst öffnete Hellwig-Schmid den kleinen, entnahm 80 rosa Zettel mit je einem Namen und las sie einzeln vor.

Der CSU-Parteivorsitzende Erwin Huber hält viel von Christine Haderthauer. Die Landtagsabgeordnete könnte nächste Generalsekretärin werden. (Foto: Foto: ddp)

Das waren alle Frauen, die seit 1946 für die CSU im Landtag, Bundestag oder EU-Parlament saßen. Dann öffnete Hellwig-Schmid den zweiten, riesigen Koffer. Heraus quollen 785 blaue Zettel mit den Namen der männlichen Kollegen. "Zahlen sprechen eine eigene Sprache", sagte sie und verließ die Bühne.

Eindrucksvoll zeigte dies das Frauenproblem der CSU. Nur ein Fünftel der 168000 Mitglieder sind weiblich, in der Landtagsfraktion ist der Frauenanteil ähnlich hoch, in der CSU-Gruppe im Bundestag schlechter. Und das bayerische Kabinett bestand bislang nur zu einem Sechstel aus Frauen.

"Wenn es um politische Mandate ging, wollte man von Chancengleichheit und Beteiligung nichts wissen", erinnerte sich Maria Eichhorn an ihre Zeit als Vorsitzende der FU (1995 bis 2005). Das müsse sich endlich ändern - so der Appell der CSU-Frauen.

Vorhof der Macht

Als Adressaten dafür hatten sie zwei Herren eingeladen: Ministerpräsident Günther Beckstein und CSU-Chef Erwin Huber. FU-Chefin Emilia Müller forderte von ihnen, die Zahl der Frauen im Kabinett zu erhöhen. Beckstein hielt sich mit Zusagen zurück und sagte nur, das könne er sich "schon vorstellen".

Klar ist: Die drei bisherigen Ministerinnen, Beate Merk (Justiz), Christa Stewens (Soziales) und Emilia Müller (Europa), bleiben im Kabinett. Wahrscheinlich wird Beckstein noch eine oder zwei Staatssekretärinnen ernennen. Von Huber wiederum forderte Müller, eine Generalsekretärin zu berufen - in Frage käme etwa die Landtagsabgeordnete Christine Haderthauer. Auch wenn bekannt ist, dass er dies gerne tun würde, hielt Huber sich bedeckt. Nur allgemein versprach er, er wolle als Parteichef die CSU "weiblicher und jünger" machen.

Dafür brachten die Frauen ein Thema aufs Tapet, das die CSU scheut wie der Teufel das Weihwasser: die Quote. Weil es die in der CSU nicht gebe, "ist es für Frauen schwer, sich durchzusetzen und durchzubeißen", klagte Müller. Daher wäre die Quote ein nützliches Hilfsmittel, zumindest vorübergehend - wie man bei SPD oder Grünen ja sehe.

Denn tatsächlich gebe es in der CSU viele Quoten, so die Klage der Frauen-Union: Ob es nun um den örtlichen Bauernvertreter gehe, der selbstverständlich im Vorstand vertreten sei, oder um den Regionalproporz bei der Kabinettsbildung. Doch bei Huber wie Beckstein bissen die Frauen auf Granit: Beide lehnten eine Frauenquote ab und wollen lieber mit Empfehlungen und bewusstseinsbildenden Maßnahmen arbeiten.

Dass das für manch stures CSU-Männerhirn ausreicht, glaubten viele anwesenden Frauen nicht, die gerade bei Hubers lauten Lobpreisungen der Frauenpolitik der Staatsregierung den Kopf schüttelten. Denn sie haben als Kontrast eine Frau vor Augen, die am Samstag dutzendfach erwähnt wurde und auch einen Videogruß übermittelte: Angela Merkel, die Bundeskanzlerin. Ihr Beispiel zeige, sagte Müller, dass die Frauen "im Zentrum der Macht angekommen sind, nicht in den Vorhöfen". Für Bayern lässt sich das noch nicht feststellen.

© SZ vom 15.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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