Oberfranken:Die braune Kolonie

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Der NPD-Bundesvize Jürgen Rieger plant angeblich den Bau einer Siedlung für "nationale Familien" in Oberfranken. Die Partei spricht von einem "gigantischen Projekt".

Olaf Przybilla

Natürlich könnte es sich bei der Mitteilung des "Kameradschaftsbundes Hochfranken" um eine Finte handeln, um einen Fremdenverkehrsort im Fichtelgebirge in Panik zu versetzen und den Preis einer Immobilie in die Höhe zu treiben. Sollte der NPD-Bundesvize Jürgen Rieger aber nur einen Bruchteil von dem verwirklichen können, was er im Internet ankündigt, dann drohe dem Ort eine "Katastrophe", sagt der Bürgermeister von Warmensteinach, Andreas Voigt (CSU).

Die Bürger von Warmensteinach bei Bayreuth demonstrieren ihren Unmut gegenüber den Siedlungsplänen der NPD. (Foto: Foto: ddp)

Rieger hat bereits einen Notarsvertrag zum Kauf einer örtlichen Traditionsgaststätte samt weiterer Grundstücke unterzeichnet. Angeblich soll dort nicht nur eine NPD-Wahlkampfzentrale entstehen - sondern ein "Siedlungsprojekt für nationale Familien". Rechtsanwalt Rieger will das Projekt auf einer Parteiveranstaltung am Samstag in Warmensteinach vorstellen.

"Schlüsselfertige Eigenheime" auf 60.000 Quadratmeter

Auf dem 1,84 Millionen Euro teuren Areal - keine 20 Kilometer vom Bayreuther Festspielhaus entfernt - soll laut Rieger "Kameraden mit geringem Einkommen" die Möglichkeit gegeben werden, ein "solides Eigenheim für deutsche Familien" zu erwerben. Die NPD will bereits im Gespräch sein mit Bauträgern, die für die Parteigänger "schlüsselfertige Eigenheime" errichten sollen.

Der bayerische NPD-Vize Uwe Meenen, im Landesverband für Immobilienankäufe zuständig, spricht von einem "gigantischen Siedlungsprojekt". Man habe bereits die "notwendige Anzahlung" geleistet. Der bundesweit berüchtigte Neonazi Thomas "Steiner" Wulff, der eigenen Angaben zufolge von Rieger zum "Koordinator des Projekts" ernannt worden sein soll, gibt an, es handele sich bei dem Areal um fünf im Ort verteilte Grundstücke mit insgesamt 60.000 Quadratmeter Fläche.

Für die Hälfte bestehe bereits Baurecht, Wulff glaubt dort "mehr als 40 Familien" ansiedeln zu können. Der NPD-Mann spricht von "Finanziers aus dem In- und Ausland", die angeblich in Franken investieren wollen. "Natürlich haben wir nicht gleich 40 Kameraden an der Hand", sagt Wulff - auf lange Sicht werde dies aber "kein Problem" sein.

Bürgermeister Voigt will die Quadratmeterzahl nicht bestätigen. Er vermutet, das vermeintliche Siedlungsprojekt sei eine "gezielte Wahlkampfaktion" der NPD. Die Gemeinde behalte sich das Vorkaufsrecht über die Immobilie eines in München tätigen Lehrers weiterhin vor.

© SZ vom 25.09.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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